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NS-Zwangsarbeit am Erzberg (Steiermark) 
 
 
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Aktuelle Meldungen

März 2006 
Steirisches Erz für Linz 
Erfahrungen mit einem Projekt zur NS-Zwangsarbeit
 
Ein Rückblick von Günther Jacob in der Linzer Stadtzeitschrift "Versorgerin".  
Unter: http://archiv.versorgerin.stwst.at/69/erz.html 
und auf diesem Weblog unter "Reflexionen". 
 

 
24. Mai 2005 
Im Forum Stadtpark spricht Hermann L. Gremliza (Zeitschrift Konkret) darüber wie die Deutschen und Östereicher den Krieg gewonnen haben. 
 

 
16. März 2005 
Im Rahmen der Diagonale (Linz) spricht Günther Jacob darüber, wie die Kinder und Enkel dieser Deutschen und Östereicher mit diesen ihren Frieden machen und damit den Krieg erneut gewinnen: 
 
Günther Jacob 
Die Zukunft der Vergangenheitsbewältigung. 
Über die symbolische Sanierung Österreichs im 
Jubiläumsjahr.
 
 
Zum Vortrag gehört ein Rückblick auf den Verlauf des Projektes zur Zwangsarbeit am Steirischen Erzberg (siehe auch hier unter der Rubrik ERZBERG). Während dieses Projektes kam es zu einem skandalösen Schulterschluss zwischen der aggressiven Abwehrfront in Eisenerz und einem Teil der Grazer Kunstszene (namentlich der damaligen Führung des Forum Stadtpark um Hermine Grabner).  
 
http://oesterreich-2005.at/veranstaltungen/folder_listing?month:int=9&year:int=2017 
 
 
 
 
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Aktuelle Meldungen zur NS-Zwangsarbeit 
 
(September 2002) 
 
 
 
Der neue Geschichtsrevisionismus:  
 
Die Relativierung des Holocaust und der NS-ZWANGSARBEIT in Deutschland und Österreich – z.T. unter Berufung auf die NS-Opfer
 
 
 
Titelseite der rechtsradikalen Zeitschrift „Aula“ (12/2000), herausgegeben vom Kulturberater Haiders, Andreas Mölzer. (Mölzer ist auch Chefredakteur der FPÖ-nahen Zeitschrift „Zur Zeit“)  
 
INHALT u.a. 
 
Prof. Dr. Thomas Jakob Bohn:  
Als Kind in Jugo-Todeslagern 
 
Prim. Prof. Dr. Alfred Zängl  
In amerikanischer Kriegsgefangenschaft  
 
Zeitgeschichte in Schicksalen 
 
Lieber Leser! Noch leben manche, die vor mehr als 55 Jahren Krieg und Kriegsende erlebt haben und als ZEITZEUGEN zur Verfügung stehen. Sie sind Angehörige einer Generation, die wahrlich ein schweres Schicksal zu tragen hatte. Wenn wir in der vorliegenden AULA mit einigen Beispielen dokumentieren, was die VÄTER- UND GROßVÄTERGENERATION durchzumachen hatte, so kann dies nur einen kleinen Einblick geben in das fürchterliche Grauen jener Jahre.  
 
Wir bezwecken damit „ein Aufbewahren für alle Zeit“ von Geschehnissen, die in der heutigen Öffentlichkeit verschwiegen werden. Univ.-Prof. Dr. Alfred Zängl, der über seine Erlebnisse in amerikanischer Lagerhaft auf den berüchtigten Rheinwiesen bei Andernach berichtet, wendet sich in seinen Vorträgen  
 
gegen die PAUSCHALIERUNG VON HORRORSZENARIEN, WELCHE NUR OPFER UND TÄTER ERKENNEN WOLLEN. LETZTERE WERDEN VON DEN SOLDATEN DER DEUTSCHEN WEHRMACHT GESTELLT.  
 
In einer umstrittenen, kommunistisch inspirierten Wanderausstellung mit dem Titel „Verbrechen der Wehrmacht“ werden sie in ihrer Gesamtheit kriminalisiert - fürwahr ein billiges Propagandainstrument gegen jeglichen Versuch einer objektiven Geschichtsbetrachtung und mit dem eindeutigen Ziel, EINE GANZE GENERATION ALS VERBRECHERISCH ZU DIFFAMIEREN, so diese nicht den Weg in die Emigration oder in den Widerstand gefunden hat.  
 
Prof. Zängl gehört und bekennt sich zu dieser leidgeprüften Generation und verwahrt sich entschieden gegen den abstoßenden Versuch, den Millionen in gutem Glauben Gefallenen oder in MÖRDERISCHER LAGERHAFT oder nachher Verstorbenen die Ehre zu rauben und die respektvolle Erinnerung an sie zu besudeln.  
 
In der offiziellen Zeitgeschichtsforschung und in den Medien werden indes die VERBRECHEN DER SIEGERMÄCHTE, begangen an den Unterlegenen, weitgehend ausgeklammert. Diejenigen, die unschuldige Opfer waren, dürfen ihre Erlebnisse kaum veröffentlichen, ohne sofort mit der Vorverurteilung, NS-Gedankengut zu verbreiten, belegt zu werden bzw. mit dem Vorwurf des „Aufrechnens“ mundtot gemacht zu werden. Die Schriftleitung. 
 
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Süddeutsche Zeitung  
Leni Riefenstahl wird 100 Jahre alt: „Ich war anfangs sehr beeindruckt von Adolf Hitler“  
 
(...) Damals, als Leni Riefenstahl gern mit ihrem Führer zu Abend speiste und die Sonne seiner Gunst genoss, zog ein kleines Zigeunermädchen mit ihrer Großfamilie durch Österreich. Von der Riefenstahl hatte Rosa Winter, Tochter von Marie Kerndlbacher, noch nie gehört. Sie wurde 1923 geboren und wuchs im Wagen auf, einem nach Sintiart, mit rundem Dach, Oberlichtern und bunten Klappläden. Lesen und schreiben lernte sie nie. Sie begriff nicht, was „Anschluss“ hieß, verstand nicht, warum ihr Vater nach dem Einmarsch der Wehrmacht  
plötzlich verschwand. 1938 verhaftete ihn die Polizei, sie sah ihn nie wieder. Rosa wurde 1939 mit ihrer Mutter und den elf Geschwistern ins Internierungslager Maxglan bei Salzburg gebracht. Die Kinder mussten mit zur ZWANGSARBEIT zum Straßenbau.  
 
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Kölner Stadt-Anzeiger  
Der Rom e.V. verklagt Leni Riefenstahl 
 
Eine ehemalige „Zigeuner-Komparsin“ und Überlebende des Holocaust hat von der Filmemacherin Leni Riefenstahl (99) eine Unterlassungserklärung erwirkt. Demnach darf die wegen ihrer NS-Propagandafilme umstrittene Regisseurin nicht mehr behaupten, sie habe „alle Zigeuner, die in (ihrem Film) »Tiefland« mitgewirkt haben, nach Kriegsende wiedergesehen. Keinem Einzigen ist etwas passiert".  
 
Im El-De-Haus, dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, legte der „Rom e.V.“ (Gemeinnütziger Verein für die Verständigung von Rom [Roma & Sinti] und Nicht-Rom) am Freitag dazu Unterlagen vor. „Rom e.V.“ hatte zuvor juristische Schritte gegen die umstrittene Regisseurin eingeleitet wegen einer im Magazin der „Frankfurter Rundschau“ vom 27. April aufgestellten Behauptung, keinem Einzigen der „Zigeuner“, die in ihrem zwischen 1940 bis 1942 gedrehten Film „Tiefland“ mitwirkten, sei etwas passiert. Darauf hatte die überlebende ZWANGSARBEITerin Zäzilia Reinhardt (76)  
mit Unterstützung des „Rom e.V.“ Frau Riefenstahl aufgefordert, ihre Behauptung zu widerrufen. 
 
Kurz vor Ablauf der Frist unterzeichnete Riefenstahl, die am 22. August 100 Jahre alt wird, die geforderte Unterlassungserklärung. Darin verpflichtet sie sich, nicht mehr zu behaupten, sie „habe alle Zigeuner, die in dem Film Tiefland mitgewirkt haben, nach Kriegsende wiedergesehen und keinem Einzigen sei etwas passiert.“ Diese Erklärung sei eine „kleine Genugtuung für alle Überlebenden“, sagte dazu „Rom e.V.“-Vorstandsmitglied Kurt Holl. 
 
Rom e. V. stellte nach eigenen Angaben außerdem Strafantrag gegen Riefenstahl wegen „Holocaust-Leugnung“ bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt. Sie habe sich direkt des NS-Lagersystems bedient. „Um dies zu vertuschen, scheute sich Frau Riefenstahl nicht, die ZWANGSARBEIT und die spätere Ermordung ihrer »Zigeuner-Statisten« bis heute zu verharmlosen, ja zu leugnen“, sagte Holl. Rechtsanwalt Helge Sasse erklärte, die Staatsanwaltschaft in Frankfurt werde unabhängig von der Unterlassungserklärung ermitteln, da es sich um ein Offizialdelikt handele. 
 
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Vorbild Österreich:  
 
Nach einem im vergangenen Oktober von der ÖVP/FPÖ-Koalition verabschiedeten und seit dem 1. Januar 2001 wirksamen  
 
„Kriegsgefangenen-ENTSCHÄDIGUNGs-Gesetz“  
 
erhalten rund 25.000 Österreicher eine ENTSCHÄDIGUNG von jährlich umgerechnet 200 bis 900 Euro als steuerfreien Zuschuss zur Rente für die nichtintendierten Folgen ihrer nazistischen Gefolgschaft. Der Haider-Förderer Stoiber wird dafür sorgen, dass das in Deutschland nachgeholt wird.
 
 
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Süddeutsche Zeitung Politik 21.8.2002 
 
Deutsche Vertriebene fordern ENTSCHÄDIGUNG 
 
Nach den NS-ZWANGSARBEITern fordern nun auch deutsche Vertriebene, die vor allem in der Sowjetunion ZWANGSARBEIT leisten mussten, eine ENTSCHÄDIGUNG von der Bundesregierung. Eine entsprechende Resolution stellte der Arbeitskreis Deutsche ZWANGSARBEITer (AKDZ), dem zahlreiche Vertriebenenverbände angehören, in Berlin vor. Man erwarte eine ähnliche Einmalzahlung, wie sie die ZWANGSARBEITer aus der NS-Zeit erhalten hätten, sagte AKDZ-Sprecher Rudi Pawelka. Da die Bundesregierung auf alle Kriegsfolgeansprüche gegenüber dem Ausland verzichtet habe, stelle man die Forderungen nun an sie. Es gebe mehr als 1,5 Millionen deutsche ZWANGSARBEITer, sagte Pawelka, die auf eine doppelte Gerechtigkeitslücke stießen. Sie erhielten keine Ausgleichszahlungen und müssten sich mit einer niedrigeren Rente begnügen. Pawelka kritisierte die Regierung, weil sie bislang eine Erörterung des Themas abgelehnt habe. 
 
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Tagesspiegel Politik 22.8.2002 
 
Verschleppt und vergessen  
Auch deutsche ZWANGSARBEITer fordern eine ENTSCHÄDIGUNG
 
 
An ihren 19. Geburtstag erinnert sich Hildegard Rauschenbach nur sehr ungern. Denn zum Feiern war der jungen Frau am 15. März 1945 wahrlich nicht zumute. Eine Woche zuvor hatten russische Soldaten den westpreußischen Ort Karthaus besetzt. Dorthin war die geborene Ostpreußin vor den sowjetischen Truppen geflohen. Jetzt hatten sie ihre Familie eingeholt. Und es kam noch schlimmer. Am 29. März 1945 wurde Hildegard Rauschenbach verschleppt. Dreieinhalb Jahre musste sie dann in Schadrinsk (Ural) ZWANGSARBEIT leisten. Jeden Tag be- und entlud sie unter menschenunwürdigen Bedingungen LKWs, schleppte Benzinfässer, Zementsäcke und Bleibarren. Nachts schlief sie im Barackenlager 6437, immer hungrig.  
 
Ihr Schicksal teilt die heute 76-Jährige mit vielen anderen. Hunderttausende Deutsche waren nach Kriegsende für Monate oder Jahre ZWANGSARBEITer. Die einen schufteten in Pommern, Schlesien, den Oder-Neiße-Gebieten und Südosteuropa. Andere wurden in den Ural oder nach Sibirien gebracht und dort geschunden. Eine ENTSCHÄDIGUNG für ihr Leid haben die meisten nicht bekommen. Das muss sich nach Ansicht des „Arbeitskreises Deutscher ZWANGSARBEITer“ (AKDZ) ändern. Am Mittwoch zogen Vertreter des AKDZ in landsmannschaftlicher Tracht zum Kanzleramt und übergaben eine Resolution. Der Tenor: Wir werden benachteiligt.  
 
Der Arbeitskreis (dem neun Landsmannschaften und der Bund der Stalinistisch Verfolgten angehören) beklagt zum einen das Fehlen einer „würdigen Debatte“ über das Leid der Deutschen. Zum anderen wird mit Blick auf die ausländischen NS-ZWANGSARBEITer eine „doppelte Gerechtigkeitslücke“ moniert: Die Deutschen müssten durch die Ausfallzeiten beträchtliche Rentenminderungen hinnehmen. Zudem erhielten sie keine ENTSCHÄDIGUNG wie NS-Opfer. In der DDR seien ZWANGSARBEITer, die aus Russland zurückkamen, sogar als Straftäter behandelt worden.  
 
Nun fordert der Arbeitskreis dreierlei:  
 
Eine ENTSCHÄDIGUNG in Form einer humanitären Geste, bilaterale Gespräche der Bundesregierung mit den für die ZWANGSARBEIT verantwortlichen Staaten über moralische Verantwortung und eine Ergänzung der Altersversorgung durch eine monatliche Opferrente. Dass die jetzige Regierung oder die nächste auf solches Drängen eingeht, ist aber eher unwahrscheinlich.  
 
Bisher verwiesen die Verantwortlichen zumeist darauf, dass das damals erlittene Unrecht seine Wurzeln ja im verbrecherischen NS-Staat hatte. Das stellt auch der Arbeitskreis Deutscher ZWANGSARBEITer nicht in Frage. Es sei aber
für viele ein „Stich ins Herz“, dass über ihr Schicksal nicht geredet werde, sagt Rudi Pawelka von der Landsmannschaft Schlesien. Auch das hat Hildegard Rauschenbach mit den anderen Opfern gemeinsam.  
 
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Bocholter Borkener Volksblatt 21.8.2002 
 
Opferrente und Einmalzahlung gefordert  
 
Deutsche ZWANGSARBEITer (!) verlangen ebenfalls ENTSCHÄDIGUNG
 
 
Nach den ausländischen NS-ZWANGSARBEITern verlangen nun auch ehemalige deutsche ZWANGSARBEITer, die in Osteuropa schuften mussten 
, ENTSCHÄDIGUNGen für ihre Leiden. Gedacht wird an eine Einmal-Zahlung zwischen 2500 und 7500 Euro, wie sie die NS- ZWANGSARBEITer erhalten haben, und eine Opferrente. 
Eine entsprechende Resolution stellte der Arbeitskreis Deutsche ZWANGSARBEITer (AKDZ) am Mittwoch in Berlin vor. Dem Arbeitskreis gehören zahlreiche Vertriebenen- Landsmannschaften und der Bund Stalinistisch Verfolgter an.  
In der Resolution werden Bundesregierung und Bundestagsparteien aufgefordert, deutschen ZWANGSARBEITern "eine ENTSCHÄDIGUNG in Form einer humanitären Geste als Würdigung ihrer Leiden" zu gewähren. Außerdem sollen die für die ZWANGSARBEIT verantwortlichen Staaten in bilateralen Gesprächen angehalten werden, "ihrer moralischen Verpflichtung gegenüber den Betroffenen nach zu kommen".  
 
Die Altersversorgung der Betroffenen soll durch eine monatliche "Opferrente" ergänzt werden. Außerdem verlangt der AKDZ, dass deutsche Kriegsgefangene, die wegen ihres Wohnsitzes in den neuen Ländern oder in den Vertreibungsgebieten keine Leistungen aus dem Kriegsgefangenen-ENTSCHÄDIGUNGsgesetz erhielten, durch eine wie ihre Leidensgenossen in den alten Bundesländern entschädigt werden.  
AKDZ-Sprecher Rudi Pawelka erläuterte, man erwarte für die deutschen Opfer eine ähnliche Einmal-Zahlung, wie sie die NS- ZWANGSARBEITer erhalten haben (zwischen 2500 und 7500 Euro).  
 
Bei der Opferrente denke man an einen Betrag von rund 100 Euro monatlich. Pawelka kritisierte die Bundesregierung, die erklärt habe, durch Forderungen an andere Staaten werde die versöhnliche Geste gegenüber den NS-ZWANGSARBEITern relativiert. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe es abgelehnt, eine AKDZ-Delegation zu empfangen.  
Der Arbeitskreis hat inzwischen rund 100 000 Einzelschicksale dokumentiert. Insgesamt gab es laut Pawelka rund 1,5 Millionen deutsche ZWANGSARBEITer, die Todesrate habe in der Sowjetunion mehr als 50 Prozent betragen. Für die Stiftung zur ENTSCHÄDIGUNG von NS- ZWANGSARBEITern haben Bundesregierung und deutsche Wirtschaft gut fünf Milliarden Euro aufgebracht. Insgesamt gab es rund zehn Millionen NS-ZWANGSARBEITer, von denen aber nur 1,5 Millionen die ENTSCHÄDIGUNGen erlebt haben.  
 
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Frankfurter Allgemeine Zeitung 21.08. 2002  
 
Die vergessenen ZWANGSARBEITer 
 
Im Kanzleramt hat niemand Zeit für Deutsche, die nach dem Krieg in sowjetische Lager verschleppt wurden / Von Barbara Wieland 
 
EUSKIRCHEN/DÜSSELDORF, 21. August. Hunger, drei Jahre lang hatte er Hunger, drei Jahre lang gab es keinen Tag, an dem Franz Schneider auch nur einmal satt war. Der Hunger durchwühlte die Eingeweide und beherrschte alle Gedanken, während er als Hauer in einem ukrainischen Bergwerk arbeitete, acht Stunden Schwerstarbeit täglich, ohne Sonn- und Feiertage. Mit 18 Jahren war Schneider in die Sowjetunion verschleppt worden. Er ist einer von vielen hunderttausend Deutschen, die nach dem Vormarsch der Roten Armee in ehemals deutsches Siedlungsgebiet als lebende Reparation in die Sowjetunion deportiert wurden. 
 
Von der Ostseeküste bis zum Balkan wurden in den ersten Monaten des Jahres 1945 arbeitsfähige Deutsche in die Bergwerke im ukrainischen Donezk-Becken, in den Ural oder nach Sibirien zur ZWANGSARBEIT abtransportiert. Die Opfer waren Flüchtlinge, die von der Roten Armee eingeholt worden waren, Daheimgebliebene in den eroberten Gebieten und Deportierte. Die meisten von denen, die den Transport in Viehwaggons, die unmenschlichen Arbeitsbedingungen, Unterernährung, Krankheiten und Verzweiflung überlebten, kamen erst nach drei bis fünf Jahren ZWANGSARBEIT frei. Für sie fordert der Arbeitskreis "Deutsche ZWANGSARBEITer" die Anerkennung ihres Leids und eine humanitäre Geste in Form einer ENTSCHÄDIGUNG. 
 
Denn viele dieser Personen hätten bis heute psychische und physische Schäden und seien weder bei der Rentenberechnung noch bei anderen Ausgleichszahlungen angemessen berücksichtigt worden, heißt es bei der Ostpreußischen Landsmannschaft. Die Ostpreußen haben sich mit den Banater Schwaben, den Donauschwaben, Pommern, Schlesiern, Oberschlesiern, Sudetendeutschen, der Landsmannschaft Warthe-Weichsel und dem Bund der Stalinistisch Verfolgten zu diesem Arbeitskreis zusammengeschlossen und wollten am Mittwoch eine Resolution mit ihren Forderungen an den Bundeskanzler überreichen. Etwa 500 000 Personen leben noch, für die eine ENTSCHÄDIGUNG mehr als fünfzig Jahre nach ihrem Leid und der jahrzehntelangen Nichtbeachtung in der Bundesrepublik und in den ehemals sozialistischen Staaten eine späte, vor allem moralische Erleichterung sein könnte, schätzt die Ostpreußische Landsmannschaft. Etwa 100 000 davon hat der Arbeitskreis "Deutsche ZWANGSARBEITer" bisher erfaßt. 
 
Das schlimmste für Christa Ludes war die Angst: die Angst vor der Zukunft, die Angst vor der Einsamkeit. Mehr als einmal, so erzählt sie, wäre es ihr lieber gewesen, tot zu sein, als ihr Schicksal weiter ertragen zu müssen. Von Mai 1945 bis November 1949 arbeitete sie mit anderen deutschen Frauen und Mädchen als ZWANGSARBEITerin in der Nähe von Tscheljabinsk in einem Kohlebergwerk. Im Winter war es bis zu minus 40 Grad kalt, die Arbeitskleidung war immer feucht. Am Anfang mußten die jungen Frauen auf blanken Holzpritschen schlafen, noch nicht einmal Strohsäcke gab es. Im Sommer kamen die Mücken und brachten Malaria. Oft lag Christa Ludes mit Fieberanfällen und anschließenden Gliederschmerzen auf ihrer Holzpritsche im Lager. Die Unterstützung durch eine Freundin, die Lebensmittel eintauschte und gut zuredete, half Christa Ludes zu überleben. 
 
Die Schlesierin war im Februar 1945 in sowjetische Gefangenschaft geraten, als die Rote Armee Breslau einnahm. Damals war sie 20 Jahre alt. Nach einem Tag mit Massenvergewaltigungen, die sie gefesselt und geknebelt über sich ergehen lassen mußte, und nach einem Gefängnisaufenthalt ging am 6. April 1945 der Transport nach Sibirien ab. In überfüllten Viehwaggons, ohne Decken und ohne ausreichende Ernährung dauerte die Fahrt vier Wochen, ehe das Ziel in Westsibirien erreicht war. "Unterwegs starben viele, aber wir waren so sehr mit dem eigenen Überleben beschäftigt, daß wir das kaum wahrnahmen", erzählt Christa Ludes. 
 
Auch Franz Schneider kann von einem Transport in überfüllten Viehwaggons berichten. Er wurde gemeinsam mit seinem Vater aus seinem Heimatdorf Deutschbentschek im Banat in die Ukraine deportiert. Alle deutschen Frauen und Mädchen im Alter zwischen 17 und 32 und alle deutschen Jungen und Männer zwischen 17 und 45 wurden Anfang des Jahres 1945 aus Südosteuropa zur ZWANGSARBEIT in die Sowjetunion gebracht. Insgesamt waren es etwa 165 000 Personen. Auf Familienbindungen wurde keine Rücksicht genommen: Mütter mußten ihre Kleinkinder zurücklassen, Männer ihre Frauen, Kinder ihre Eltern. 
 
Diese Menschen wurden wie die Pommern, Schlesier, Ost- und Westpreußen in Viehwaggons verfrachtet. "Dreißig Personen waren es in unserem Waggon. Wir mußten uns auf zwei Etagen auf Holzpritschen stapeln, Frauen und Männer gemeinsam. Wenn sich einer umdrehte, mußten alle sich mit umdrehen", erzählt Franz Schneider. Für die Notdurft gab es ein Loch im Wagenboden, Lebensmittel wurden nur ganz selten verteilt, die zukünftigen ZWANGSARBEITer waren aufgefordert worden, sich vorher für zwei Wochen selbst mit Lebensmitteln zu versorgen. "Unterwegs bekamen wir Magenkrämpfe und Durchfall. Dazu kamen die Läuse, die sich unter den Achseln, in den Haaren festsetzten, überall." 
 
Nach der Ankunft wurden die ZWANGSARBEITer in drei Kategorien eingeteilt: für schwere, mittlere und leichte Arbeit. Schwere Arbeit bedeutete unter Tage Kohle abzubauen, mittlere Arbeit war "auf der Strecke" als Hauer-Gehilfe und leichte Arbeit fand über Tage statt: Putzen, Aufräumen und Schneeschippen - auch in sibirischen Wintern. Nach dem Maß der Arbeit wurde auch das Essen zugeteilt, 1200 Gramm Brot pro Tag für die schwer Arbeitenden, 500 Gramm für die leicht Arbeitenden. Franz Schneider magerte auf 40 Kilogramm ab, bei einer Körpergröße von 180 Zentimetern. 
 
"Ich war so abgestumpft, daß ich außer Arbeiten und Schlafen fast nichts mehr gemacht habe. Selbst zum ordentlichen Waschen hatte ich nicht die Kraft. Es war mir alles gleich", beschreibt Herr Schneider sein damaliges Leben und muß jetzt, mehr als 50 Jahre nach der Rückkehr, mit den Tränen kämpfen. "Wer das nicht erlebt hat, kann sich gar nicht vorstellen, was wir durchgemacht haben." 
 
Vom Jahr 1947 an wurde die Lage der ZWANGSARBEITer etwas erträglicher. Sie bekamen einen geringen Lohn für ihre Arbeit und konnten sich manchmal dafür Lebensmittel kaufen. "Ich habe drei Monate lang vollkommen unkontrolliert gegessen, ehe ich überhaupt wieder ein normales Eßgefühl hatte", sagt Franz Schneider. Außerdem durften Postkarten geschrieben und empfangen werden - der erste Kontakt zu Verwandten nach fast zwei Jahren. Doch die Ungewißheit blieb, wann es endlich nach Hause ging. Immer wieder setzten sich die ZWANGSARBEITer eigene Daten, wann sie wohl endlich entlassen werden dürften: Ostern müssen sie uns wohl rauslassen, Pfingsten, zur Ernte, zu Weihnachten. Aber immer ging es noch weiter, immer kamen noch weitere Monate, die sie bleiben mußten. 
 
"Und mit der Heimkehr kam auch ein bißchen die Enttäuschung", sagt Christa Ludes, die sich ins Rheinland ausweisen ließ. "Für uns interessierte sich niemand, wir waren sehr arm, mußten anpacken, und wenn wir von unserem Schicksal erzählen wollten, hieß es, wir haben hier auch genug gelitten." Erst vor zwei Jahren, nach dem Tod ihres Mannes, begann Christa Ludes über ihr Leben zu sprechen und schrieb ihre Erinnerungen auf. Doch hat sie nach wie vor das Gefühl, daß Politiker und staatliche Ämter sich nicht für deutsche ZWANGSARBEITer interessieren, sie nicht ernst nehmen. 
 
Für Franz Schneider bedeutete die Rückkehr ins Banat die Rückkehr ins kommunistische Rumänien, das seine Bürger enteignete und in dem das Leiden der Deutschen erst recht keinen Platz hatte. In der Öffentlichkeit durfte darüber nicht gesprochen werden. 
 
Nur wenige der ehemaligen deutschen ZWANGSARBEITer bekamen staatliche Unterstützung. Franz Schneider erhielt 1977 bei seiner Übersiedlung nach Deutschland nach dem KriegsgefangenenENTSCHÄDIGUNGsgesetz etwa 1400 Mark. "Ich werde jetzt keine ENTSCHÄDIGUNG beantragen", sagt er. "Denn das, was geschehen ist, kann niemand vergüten. Doch eine Geste der Anerkennung hätte ich gerne." 
 
Der Arbeitskreis "Deutsche ZWANGSARBEITer" hatte um einen Termin nachgesucht, um seine Petition dem Kanzler zu überreichen. Diese Bitte wurde abschlägig beschieden. Am Mittwoch war im Bundeskanzleramt niemand abkömmlich. Die Resolution nahm schließlich ein Beamter des Bundesgrenzschutzes entgegen, der mit seinen Kollegen das Bundeskanzleramt bewacht. Er sagte nur lakonisch: "So etwas haben wir hier täglich." 
 
 
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Aus: Konkret Mai 2001 
 
Günther Jacob 
 
Verbrechen an der Wehrmacht  
 
Als die EU anlässlich der Installation einer FPÖ/ÖVP-Regierung zeitweise zu Sanktionen gegen Österreich aufrief, hatte die deutsche Bundesregierung sofort verstanden, das dies vor allem eine Warnung an die deutsche Adresse war. Doch seit dem Ende dieser Sanktionen - Österreich wird für die EU-Osterweiterung gebraucht und soll Teil der Nato werden – werden die derzeitigen österreichischen Verhältnisse als neue Normalität anerkannt. Und jene, die das immer schon so gesehen haben, lassen sich von dem, was Schüssel und Riess-Passer heute Wirklichkeit werden lassen, gerne inspirieren. Zum Beispiel von den Wiener ENTSCHÄDIGUNGszahlungen an ehemalige Wehrmachtssoldaten.  
 
Vorbild Österreich: Nach einem im vergangenen Oktober von der ÖVP/FPÖ-Koalition verabschiedeten und seit dem 1. Januar 2001 wirksamen „KriegsgefangenenENTSCHÄDIGUNGsgesetz“ erhalten rund 25.000 Österreicher eine ENTSCHÄDIGUNG von jährlich umgerechnet 360 bis 840 DM als steuerfreien Zuschuss zur Rente für die nichtintendierten Folgen ihrer nazistischen Gefolgschaft. Während in Deutschland und Österreich Soldaten der Anti-Hitler-Koalition, die in deutsche Kriegsgefangenschaft gerieten, grundsätzlich von allen ENTSCHÄDIGUNGsverfahren ausgenommen wurden – man argumentiert in diesem Fall gerade umgekehrt, der Einsatz von Kriegsgefangen zur ZWANGSARBEIT sei nach Völkerrecht erlaubt gewesen – und während die ehemaligen NS-ZWANGSARBEITer auch von Österreich bis zur Beseitigung der letzten Sammelklage keinen Schilling erhalten werden, fliesen diese Gelder schon jetzt ganz unbürokratisch an „Hitlers Soldaten“.  
 
Mit der demonstrativen ENTSCHÄDIGUNG für ehemalige Landser und Waffen-SS-Leute, die als Kriegsgefangene auch zur Beseitigung der von ihnen angerichteten materiellen Zerstörungen herangezogen wurden und somit nach heutiger Lesart eben auch „ZWANGSARBEITer“ waren, wird in der ehemaligen Ostmark eine revanchistische Forderung Wirklichkeit, die in Deutschland vorerst nur „in der Luft liegt“.  
 
Ein Effekt dieser Forderung ist zudem, dass sie die ökonomisch und politisch wirklich relevante „KriegsopferENTSCHÄDIGUNG“ unterschlägt, die in beiden Ländern bereits in den fünfziger Jahren einsetzte.  
 
Tatsächlich handelt es sich bei den jetzt ausgezahlten Beträgen um einen in erster Linie symbolisch gemeinten Nachschlag auf die Rente. Damals hatte sich die Tätergeneration die Gelder praktischerweise selbst ausgezahlt, und der Vergleich mit den mit den erst einige Jahre später einsetzenden Zahlungen an die wirklichen Opfer des Nationalsozialismus spielte damals nur eine Nebenrolle. Heute bedanken sich die Nachkommen für diese Vorsorge, die auch ihnen zugute kam, indem sie den Alten signalisieren, was sie von den letztlich wohl unvermeidlichen Zahlungen an die ehemaligen NS-ZWANGSARBEITer wirklich halten, d.h. die demonstrative Relativierung der ohnehin auf einen „Schlussstrich“ zielenden Gesetze zur „NS-ZWANGSARBEITerENTSCHÄDIGUNG“ ist unzweideutig das Hauptmotiv dieses Nachschlages. 
 
Die zeitliche und wortlautgleiche Verknüpfung des „KriegsgefangenenENTSCHÄDIGUNGsgesetzes“ mit den Gesetzen zur ENTSCHÄDIGUNG von ehemaligen NS-ZWANGSARBEITern sowie zur ENTSCHÄDIGUNG sogenannter Arisierungen , das ist es, worauf man in Österreich den allergrößten Wert legt. Der FPÖ-Politiker Gudenus nannte die ZWANGSARBEITerENTSCHÄDIGUNG öffentlich ein „Schutzgeld, das wir zahlen müssen. Wir sind in einer Situation, wo man Großmächten gegenüber klein beigeben muss.“ Schüssel, der das so nicht sagen kann, meinte das selbe, als er bei der Verkündung des Gesetzes von einer „spiegelgleichen Lösung“ sprach und erläuterte: "Die Regierung hat bewusst bis zum Abschluss der Frage der ENTSCHÄDIGUNGszahlungen für ehemalige NS-ZWANGSARBEITer gewartet". Endlich würden „die Verdienste der Kriegsgeneration gewürdigt“, sekundiert ihm seine Vizekanzlerin Riess Passer (FPÖ).  
 
In den Genuß der neuen ENTSCHÄDIGUNGsregelung kommen österreichische Staatsbürger, die 
 
„im Verlauf des Zweiten Weltkrieges in einem mittelost- oder osteuropäischen Staat in Kriegsgefangenschaft gewesen sind, oder sich auf Grund politischer oder drohender politischer Verfolgung im Sinne des Opferfürsorgegesetzes von 1947 außerhalb Österreichs aufgehalten haben und aus politischen oder militärischen Gründen von einer ausländischen Macht festgenommen und nach Beginn des Zweiten Weltkrieges in einem mittelost- oder osteuropäischen Staat angehalten wurden, oder während der Besetzung Österreichs durch die Alliierten Mächte von einer ausländischen Macht aus politischen oder militärischen Gründen in Österreich festgenommen und in mittelost- oder osteuropäischen Staaten angehalten wurden“. 
Im Gesetz namentlich erwähnt werden „Albanien, Bulgarien, Polen, Rumänien, ehemalige Sowjetunion, ehemalige Tschechoslowakei, ehemaliges Jugoslawien“. Man interessiert sich also nicht so sehr für Wehrmachtssoldaten, die beispielsweise in Afrika gefangen genommen wurden oder als Piloten oder Matrosen in Gefangenschaft der Amerikaner und Briten gerieten. Es geht allein um jene, die damals an den Hauptfronten des Vernichtungskrieges, im Osten und auf dem Balkan, standen und die im Falle der Gefangenschaft deswegen auch härter angefasst wurden als andere. Des weiteren geht es um von den Alliierten nach der bedingungslosen deutschen Kapitulation festgenommene Personen sowie besonders um jene die von den Westalliierten vereinbarungsgemäß in den sowjetischen Sektor abgeschoben oder an die Tito-Partisanen übergeben wurden.  
Und obwohl Kanzler Schüssel auf Pressekonferenzen anderes erklärte, wird das Geld auch an verurteilte Kriegsverbrecher, schwerst belastete Angehörige der SS oder der Waffen-SS gezahlt, denn die aus Rücksicht auf „Auslandsstimmen“ in den Gesetzestext eingebauten Ausschließungsgründe beschränken sich auf „nicht tilgbare Verurteilungen“, womit die Mehrheit kassiert, denn die wurde bereits in den Fünfzigern generalamnestiert  
Mit diesem Gesetz hat die ÖVP/FPÖ-Koalition wahr gemacht, was sie bereits in ihrer Koalitionsvereinbarung angekündigt hatte: "Die Bundesregierung wird um sachgerechte Lösungen in den Fragen aller im Zuge des Zweiten Weltkrieges zur ZWANGSARBEIT gezwungenen Personen, der österreichischen Kriegsgefangenen sowie der in der Folge der Benesch-Dekrete und Avnoj Bestimmungen nach Österreich vertriebenen deutschsprachigen Bevölkerung bemüht sein."  
 
Diese österreichische Variante des praktischen Geschichtsrevisionismus hat inzwischen bei bundesdeutschen „Kriegsopfer“ - und „Spätheimkehrer“ –Verbänden den Eindruck verstärkt, dass die Zeit reif sei, um ähnliches auch in Deutschland offen zu fordern. 
 
Die FAZ lancierte am 22.Februar die Meldung, einige dieser Verbände hätten inzwischen „mit Wien Kontakt aufgenommen, um eine Handhabe dafür zu finden, der deutschen Bundesregierung das österreichische Vorbild nahe zu bringen.“ Immer lauter würde der Ruf nach „Gerechtigkeit und Gleichbehandlung mit ausländischen ZWANGSARBEITern“ für die „noch lebenden ehemaligen deutschen Kriegsgefangenen, die bei den Siegermächten ZWANGSARBEIT leisteten.“  
 
Verstärkt in Umlauf gebracht wird das Thema in Deutschland seit Herbst letzten Jahres vor allem auf den Leserbriefseiten deutscher Tageszeitungen („Auch deutsche Soldaten waren ZWANGSARBEITer“, „Späte Zeugnisse aus Lager 504“ usw.), außerdem mittels Anträgen an den parlamentarischen Petitionsausschuss sowie durch TV-Serien wie den Dreiteiler „Soldaten hinter Stacheldraht“, der im letzten November parallel zur Knopp-Serie „Holokaust“ lief und von 4,58 Millionen Zuschauer gesehen wurde.  
 
Nach dem historischen Übergang vom „Nie wieder Krieg von deutschem Boden aus“ zur „humanitären Intervention“ und nach der erfolgreichen Kampagne gegen die sogenannte Wehrmachtsausstellung war ein neuer Raum entstanden, in dem sich die Erzählungen der Tätergeneration und die Neubewertung der Vergangenheit durch Kinder und Enkel neu ausgehandelt werden konnten (die 68er-Debatte ist Teil dieser Aushandlung).  
 
Aus den vielen Stille Post-Geschichten – verpackt vor allem in TV-Geschichtsdokumentationen und eine weiter anschwellende „Zeitzeugen“-Literatur – ist so nach und nach die recht offen ausgesprochene Überzeugung geworden, dass man im Sinne einer „objektiven Geschichtsbetrachtung“ auch die „andere Seite“ nicht vergessen sollte. Dieser sehr praktische geschichtsrevisionistische Gleichsetzung von NS-Opfern und Tätern besagt letztlich, was bislang Neonazis vorbehalten war: „Unsere Großväter sind keine Mörder.“ Frei nach Martin Broszat wird die Grenzziehung zwischen Tätern und Opfern in Frage gestellt – auch die Täter waren Opfer – und der Nationalsozialismus unter der Rubrik „Zeitgeschichte im Wandel“ in die „Geschichtlichkeit der Gesamtsituation“ eingebettet.  
 
Doch wie schon gesagt: Neu daran sind weder die Zahlungen noch die Haltungen. In Österreich existiert seit 1949 ein „Kriegsopferversorgungsgesetz“ und seit 1958 ein "Spätheimkehrergesetz“. In Westdeutschland existieren vergleichbare Gesetze seit 1950 bzw. 1952, in denen die „Versorgung“ der nun „Kriegsopfer“ und „Kriegsgeschädigte“ genannten Ex-Herrenmenschen geregelt ist. Das gilt auch für die „Kriegsopferrente“ für Witwen und Waisen sowie für die „KriegsgefangenenENTSCHÄDIGUNG“, die auf „kriegsursächliche, von einer ausländischen Macht verhängte Freiheitsbeschränkungen für die Zeit ab 1. Januar 1947 gewährt“ wird und die u.a. von „Aussiedlern“ noch bis zum um 31.12.1993 beantragt werden konnte. Nur in der DDR gab es nichts vergleichbares, weshalb sofort nach der Wiedervereinigung der „Reichsbund der Kriegs und Wehrdienstopfer, Behinderten, Sozialrentner und Hinterbliebenen“ von einem Skandal sprach. Die „Ausklammerung der Kriegsopferversorgung im Staatsvertrag“ sei "ein schwerer sozialpolitischer Fehler".  
 
Neu an den heutigen Forderungen nach ENTSCHÄDIGUNG für die Tätergeneration ist, dass Alte und Junge, um sie überhaupt erheben zu können, nicht mehr geradeheraus Holocaust und NS-ZWANGSARBEIT in Abrede stellen müssen. Die Relativierung geht jetzt andersrum. Man hat sich sozusagen vorgearbeitet. In den 80er und 90er Jahren dominierte noch die scheinbar „defensive“ Forderung, ohne Ausgrenzung allen Opfern zu gedenken - an Juden, ZWANGSARBEITer, russische Kriegsgefangene und KZ-Häftlingen, aber eben auch an deutsche Vertriebene, Flüchtlinge, Opfer des Bombenkrieges, gefallene Soldaten, Kriegsgefangene sowie "Opfer, die zuvor Täter waren". Erst seit dieser Anspruch durchgesetzt ist, kann auch öffentlich gefragt werden - etwa unter Berufung auf Finkelstein - ob die zuerst genannten Opfer nicht vielleicht ihre Ansprüche überziehen. An diesem Punkt angekommen, wäre sicher noch mehr öffentliche Annäherung an das, was „privat“ ohnehin gedacht wird, möglich, wenn bestimmte außenpolitische Rücksichten nicht genommen werden müßten. Doch setzt sich auch öffentlich mehr und mehr durch, was die Alten immer schon ihren Nachkommen gepredigt haben. Bilder des Holocaust und des Vernichtungskrieges waren für sie immer schon ein guter Anknüpfungspunkt zur Darstellung der eigenen Leiden: „Fünf Jahre in Lagern, Hunger, Kälte, Krankheiten. Nischt zu essen, nischt zum Anziehn", das kannten sie doch aus der eigenen Kriegsgefangenschaft. Die Nachkommen, ob sie nun pflichtbewusst daran erinnern, das die Deutschen leider „angefangen“ haben oder ob sie dies bestreiten, haben sich diese „private“ Perspektive zu eigen gemacht und setzen sie nach und nach in Politik um.  
 
Günther Jacob

 

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Letzte Änderung am 11.09.2017
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