Erzberg Diskurse 5- Entschädigungsgesetze
Projekt Eisenerz (2001)
(C) Strategien der Abwehr der historischen Tatsachen
Erzberg-Diskurse
Relativierungs-Diskurs Entschädigungsgesetze
(Schlussstrich-Gesetze mittels „Rechtssicherheit“ und zugleich Entschädigung für ehemalige Wehrmachtssoldaten)
Parlamentsdebatten und Gesetze
Republik Österreich: Entschädigungs-Gesetze zur Zwangsarbeit und zur „Arisierung“
Von den Sites
(Auszüge):
Parlamentarische Materialien
Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP. Bericht. des Verfassungsausschusses. über den Antrag 180/A der...
http://www.parlinkom.gv.at/pd/pm/XXI/I/texte/002/I00255_.html -
180/A XXI.GP. Antrag. der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler, Mag. Terezija Stoisits und Kollegen betreffend
http://www.parlinkom.gv.at/pd/pm/XXI/A/texte/001/A00180_.html -
PARLAMENTSKORRESPONDENZ 08.06.2000 Nr. 346
Ressort: II Schlagworte: Parlament/Versöhnungsfondsgesetz/Anträge PARLAMENTSKORRESPONDENZ/03/08.06.2000/Nr. 346....
http://www.parlinkom.gv.at/pd/pk/2000/PK0346.html -
PARLAMENTSKORRESPONDENZ 30.06.2000 Nr. 407
Ressort: II Schlagworte: Parlament/Verfassungsausschuss Versöhnungsfonds PARLAMENTSKORRESPONDENZ/02/30.06.2000/Nr. 407. VERSÖHNUNGSFONDS..
http://www.parlinkom.gv.at/pd/pk/2000/PK0407.html -
Parlamentarische Materialien
Bundesrat. Stenographisches Protokoll. 659. Sitzung / Seite 39
http://www.parlinkom.gv.at/pd/pm/BR/BRSP/BRSP_659/659_039.html
Stenographisches Protokoll. 659. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich.
http://www.parlinkom.gv.at/pd/pm/BR/BRSP/BRSP_659/BRSP_659.html
Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler, Mag. Terezija Stoisits und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik
Österreich an ehemalige Sklaven - und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen
Regimes (Versöhnungsfonds - Gesetz)
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik
Österreich an ehemalige Sklaven - und Zwangsarbeiter des
nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds - Gesetz)
Der Nationalrat hat beschlossen:
§ 1. (1) Mit diesem Bundesgesetz wird ein Fonds zur Erbringung von
Leistungen an ehemalige Sklaven - und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen
Regimes auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich eingerichtet. Er trägt die
Bezeichnung „Fonds für Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit
(Versöhnungsfonds)“. Der Fonds hat seinen Sitz in Wien.
(2) Der Fonds hat zum Ziel, durch eine freiwillige Geste der Republik
Österreich gegenüber natürlichen Personen, die durch das nationalsozialistische
Regime zu Sklaven - oder Zwangsarbeit auf dem Gebiet der heutigen Republik
Österreich gezwungen wurden, einen Beitrag zu Versöhnung, Frieden und
Zusammenarbeit zu leisten.
(3) Der Fonds ist eine Einrichtung der Republik Österreich, unterliegt
österreichischem Recht, besitzt eigene Rechtspersönlichkeit und dient ausschließlich
gemeinnützigen Zwecken.
§ 2. (1) Der Fonds erbringt einmalige Geldleistungen an natürliche Personen jeder
Nationalität, die vom nationalsozialistischen Regime
1. zwangsweise oder unter Vortäuschung falscher Tatsachen zur Arbeit
in das Gebiet der heutigen Republik Österreich verbracht wurden oder nach
freiwilligem Aufenthalt auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich an
einer Heimkehr gehindert wurden, hier zur Arbeit gezwungen wurden,
besonders schlechten Lebensbedingungen unterworfen waren und entweder
a) haftmäßig untergebracht oder sonst einer wesentlichen
Freiheitsbeschränkung unterworfen waren oder
b) in ihren persönlichen Rechten eingeschränkt und besonders strengen
Disziplinärmaßnahmen unterworfen waren (Zwangsarbeiter bzw.
Zwangsarbeit); oder
2. während einer Inhaftierung in einem auf dem Gebiet der heutigen Republik
Österreich gelegenen Konzentrationslager oder in einer einem solchen Lager
gleichzuhaltenden Haftstätte unter unmenschlichen Bedingungen zur Arbeit
gezwungen wurden (Sklavenarbeiter bzw. Sklavenarbeit); oder
3. unter den im Einleitungssatz der Z 1 genannten Voraussetzungen durch die
Arbeit eine nachweislich schwere oder nachhaltige physische oder psychische
Schädigung erlitten haben (besondere Härtefälle); oder
4. als Kinder oder Minderjährige vor Vollendung des 12. Lebensjahres zusammen
mit einem oder beiden Elternteilen (Z 1 bis Z 3) in das Gebiet der heutigen
Republik Österreich verbracht oder während des Zwangsarbeitseinsatzes der
Mutter hier geboren wurden.
(2) Der Fonds erbringt weiters einmalige Geldleistungen an natürliche
Personen jeder Nationalität, die vom nationalsozialistischen Regime ohne die
Bedingung des Einleitungssatzes des Abs. 1 Z 1 zu erfüllen, aus politischen
Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen
Orientierung, auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung, auf Grund
des Vorwurfes der sogenannten Asozialität oder im Zusammenhang mit
medizinischen Experimenten zur Zwangsarbeit auf dem Gebiet der heutigen
Republik Österreich unter Bedingungen gezwungen wurden, die jenen des Abs. 1
Z 1 lit a) oder b) gleichkamen.
(3) An ehemalige Kriegsgefangene werden Leistungen nicht erbracht. (!)
§ 3. (1) Die Höhe der Leistungen beträgt:
1.105.000 ÖS bei Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 (Sklavenarbeiter).
2. 35.000 ÖS bei Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 (Zwangsarbeiter),
die Zwangsarbeit in Industrie, Gewerbe, Bauwirtschaft, Elektrizitätswirtschaft
und in der sonstigen gewerblichen Wirtschaft, in öffentlichen Einrichtungen, bei
Reichsbahn oder Reichspost leisten mußten.
3. 20.000 ÖS bei Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 (Zwangsarbeiter),
die Zwangsarbeit ausschließlich in der Land - und Forstwirtschaft oder in Form
persönlicher Dienstleistungen (Haushalt, Hotels u.ä.) leisten mussten.
4. Kinder und Minderjährige gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 erhalten den Betrag, der dem
Elternteil zusteht oder zustehen würde. Bei Deportation mit beiden Elternteilen,
die unterschiedliche Beträge erhalten oder erhalten würden, gilt der jeweils
höhere Betrag.
5. An Frauen, die während der Zeit ihres Einsatzes als Zwangsarbeiterinnen
Kinder in Ostarbeiterinnen - Entbindungsheimen zur Welt brachten oder zum
Schwangerschaftsabbruch genötigt wurden, kann eine zusätzliche Leistung von
5.000 ÖS erbracht werden.
(2) Die im § 2 Abs. 1 Z 3 angesprochenen Härtefälle können Leistungen bis zum
Höchstbetrag der ihrem Einsatz entsprechenden Kategorie (Abs. 1 Z 2 oder 3)
erhalten.
(3) Personen, die die Voraussetzungen für mehrere Kategorien erfüllen, erhalten
den jeweils höchsten Betrag.
§ 4. (1) Artikel 21 und 26 des Staatsvertrages betreffend die Wiederherstellung
eines unabhängigen und demokratischen Österreich, BGBl. Nr.152/1955, werden
durch dieses Bundesgesetz nicht berührt, ein Rechtsanspruch auf Leistungen nach
diesem Bundesgesetz besteht daher nicht,
(2) Leistungen nach diesem Bundesgesetz sind höchstpersönlich und als solche
zu beantragen. Sie sind weder pfändbar noch verpfändbar. Sie können nur gewährt
werden, wenn der Antragsteller das Vorliegen der Voraussetzungen durch Urkunden
oder auf andere Weise glaubhaft macht. Ist der Leistungsberechtigte am oder nach
dem 15. Februar 2000 verstorben, treten an seine Stelle die Erben nach dem
jeweiligen nationalen Recht.
(3) Es können nur Anträge berücksichtigt werden, die innerhalb von zwei
Jahren nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bei der zuständigen
Partnerorganisation oder, sofern es sich um Personen handelt, die von keiner
Partnerorganisation erfasst werden, unmittelbar beim Fonds einlangen. Das
Kuratorium kann eine Verlängerung der Antragsfrist um höchstens 1 Jahr zulassen.
Anträge, die unmittelbar beim Fonds einzubringen sind, können auch gesammelt
durch Organisationen erfolgen, die ohne eine der in § 7 Abs. 4 genannten
Partnerorganisationen zu sein, die Interessen von Personen gemäß § 2 vertreten.
Die Leistungen werden in diesen Fällen vom Fonds direkt an die
Leistungsberechtigten erbracht.
(4) Anbringen an den Fonds sind von allen bundesgesetzlich geregelten
Abgaben befreit.
(5) Personen, die im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 eine Leistung aus der Stiftung
„Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ der Bundesrepublik Deutschland erhalten
können, sind von Leistungen nach diesem Bundesgesetz ausgeschlossen. Der
Fonds hat die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Anträge, für deren
Behandlung er nicht zuständig ist, direkt an die Abwicklungsstelle der Stiftung
„Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ der Bundesrepublik Deutschland
weitergeleitet werden bzw. Anträge, die der Stiftung zukamen, entgegengenommen
werden können. Weiters ist sicherzustellen, daß es bei Sklaven - und Zwangsarbeit,
die teilweise sowohl im Leistungsbereich der Stiftung, als auch in jenem des Fonds
geleistet wurde, zu keinen Doppelzahlungen kommt.
§ 5. (1) Die Auszahlung der Leistung hat zur Voraussetzung, dass der
Leistungsempfänger eine Erklärung abgibt, mit Erhalt einer Leistung nach diesem
Bundesgesetz auf die Geltendmachung von Forderungen gegen die Republik
Österreich oder österreichische Unternehmen für Sklaven - und Zwangsarbeit aus
dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unwiderruflich zu verzichten.
(2) Österreichische Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind alle
Unternehmen, die ihren Sitz auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich hatten
oder haben, sowie deren Muttergesellschaften, auch wenn diese ihren Sitz im
Ausland hatten oder haben. Österreichische Unternehmen sind weiters außerhalb
des Gebietes der heutigen Republik Österreich gelegene Unternehmen, an denen
österreichische Unternehmen gemäß Satz 1 unmittelbar oder mittelbar mit
mindestens 25 v. H. beteiligt waren oder sind.
(3) Zuwendungen an den Fonds unterliegen nicht der Erbschafts - und
Schenkungssteuer oder ähnlichen finanziellen Belastungen mit gleichem Ziel oder
gleicher Wirkung.
§ 7. (1) Die Erbringung einer Leistung gemäß § 3 an die in § 2 Abs. 1 und 2
genannten Personen erfolgt entweder durch die in Abs. 4 genannten
Partnerorganisationen, mit deren Staaten hierüber bilaterale Abkommen bestehen,
oder direkt durch den Fonds, soweit die Personen nicht von den in Abs. 4 genannten
Partnerorganisationen erfasst sind.
(2) Die Leistungen des Fonds erfolgen im Rahmen der
Privatwirtschaftsverwaltung.
(3) In Österreich unterliegen Zuwendungen des Fonds oder der
Partnerorganisationen weder der Erbschafts - und Schenkungssteuer noch beim
Empfänger der Zuwendung einer Steuer vom Einkommen und Ertrag.
(4) Partnerorganisationen sind
· die Stiftung „Verständigung und Aussöhnung“ in der Republik Belarus,
• die Stiftung „Deutsch - Polnische Aussöhnung“ in der Republik Polen,
• die Stiftung „Verständigung und Aussöhnung“ in der Russischen Föderation,
• der „Tschechische Rat für die NS - Opfer“ in der Tschechischen Republik,
• die Nationale Stiftung „Verständigung und Aussöhnung“ in der Ukraine,
• die Stiftung „Jüdisches Erbe in Ungarn“ in der Republik Ungarn
(5) Der Fonds sorgt in Zusammenarbeit mit den Partnerorganisationen
innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes für eine
angemessene weltweite Bekanntmachung der nach diesem Bundesgesetz
möglichen Leistungen. Diese beinhaltet insbesondere Informationen über den Fonds
und die Partnerorganisationen, die Leistungsvoraussetzungen‘ Anmeldefristen und
über in diesem Zusammenhang notwendige Datenüberprüfungen.
(6) Nähere Vorschriften über die Erbringung der Leistungen werden in den
Richtlinien des Fonds erlassen und sind in die zwischen dem Fonds und den
Partnerorganisationen zu schließenden Verträge (§ 8 Abs. 2) aufzunehmen.
§ 8. (1) Mittel des Fonds werden den Partnerorganisationen je nach
tatsächlichem Bedarf innerhalb kürzest möglicher Frist aufgrund der von diesen
übermittelten und vom zuständigen Organ des Fonds stichprobenartig überprüften
Listen von Personen gemäß § 2 Abs. 1, die am 15. Februar 2000 ihren ständigen
Wohnsitz in den in den bilateralen Abkommen gemäß § 7 Abs. 1 genannten Ländern
hatten, sowie zur Deckung der bei den Partnerorganisationen entstehenden
Personal - und Sachkosten, einschließlich der Kosten für die Bekanntmachung
gemäß § 7 Abs. 5, in angemessener Höhe zugewiesen. Dabei ist Vorsorge zu
treffen, dass die österreichische Herkunft der Mittel und der Leistungszweck
gegenüber den Leistungsberechtigten und der Öffentlichkeit in den betreffenden
Staaten entsprechend betont werden.
(2) In Abkommen mit den in § 12 Abs. 1 Z 8 genannten Staaten ist vorzusehen,
daß die betreffenden Staaten weitere Forderungen gegen die Republik Österreich
oder österreichische Unternehmen aus dem Titel ehemalige Sklaven - oder
Zwangsarbeit weder geltend machen noch vertreten oder unterstützen. Die
Modalitäten der Zuwendung von Leistungen werden in Abkommen mit den in § 7
genannten Staaten sowie in Verträgen zwischen dem Fonds und den
Partnerorganisationen geregelt. Soweit in Staaten Partnerorganisationen gemäß § 7
Abs. 4 eingerichtet sind, ist in Abkommen darüber hinaus vorzusehen, dass
1. die Glaubhaftmachung der Leistungsberechtigung durch Unterlagen oder auf
sonstige geeignete Weise erfolgt,
2. Personen, deren vollständige und geprüfte Unterlagen über die von ihnen
geleistete Sklaven - und Zwangsarbeit sich im Besitz der Partnerorganisationen
befinden, nicht verpflichtet sind, neue Anträge auf Auszahlungen einzureichen.
3. Vertreter des Fonds oder von diesen beauftragte Personen in die Tätigkeiten
der Partnerorganisationen‘ soweit sie mit der Durchführung dieses
Bundesgesetzes zusammenhängen, Einsicht nehmen oder auf andere Weise
mitwirken können,
4. die Leistungen ohne Abzüge weiterzugeben sind und insbesondere nicht zur
Minderung von Einkünften aus dem System der sozialen Sicherheit und dem
Gesundheitswesen führen dürfen.
5. Leistungen nur gegen Abgabe der Erklärung gemäß § 5 Abs. 1 gewährt und
diese Erklärungen an den Fonds weitergeleitet werden.
(3) Im Interesse größtmöglicher Transparenz ist auch eine entsprechende
regelmäßige internationale Wirtschaftsprüfung bei den Partnerorganisationen
vorzusehen, deren Kosten vom Fonds getragen werden und deren Auswahl im
Einvernehmen zwischen der jeweiligen Partnerorganisation und dem Fonds zu
treffen ist. Die internationale Wirtschaftsprüfung für den Fonds wird durch das
Kuratorium beschlossen
§ 9. (1) Der Fonds und die Partnerorganisationen sind berechtigt, von
Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen Auskünfte einzuholen, die zur
Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Eine Auskunftserteilung darf nur
unterbleiben, wenn besondere gesetzliche Bestimmungen dem entgegenstehen oder
die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen die berechtigten
Informationsinteressen des Fonds oder der Partnerorganisationen überwiegen.
(2) Die eingeholten Auskünfte dürfen nur für die Erfüllung der Zwecke nach diesem
Bundesgesetz, personenbezogene Daten eines Antragstellers nur im Rahmen der
Erbringung der Leistungen verwendet werden. Die Verwendung dieser Daten für
andere Zwecke ist nur zulässig, wenn der Antragsteller ausdrücklich zustimmt.
§ 10. (1) Organe des Fonds sind das Kuratorium (§11), das Komitee (§13)
und der Generalsekretär (§14).
(2) Der Fonds wird nach außen vom Vorsitzenden des Kuratoriums vertreten.
§ 11. (1) Das Kuratorium ist das oberste Organ des Fonds. Ihm obliegen
insbesondere:
1. Die Erlassung und Veröffentlichung der Geschäftsordnung des Fonds.
2. Die Erlassung der Richtlinien des Fonds über die Erbringung von Leistungen.
3. Die Bestellung der Mitglieder des Komitees.
4. Die Beschlussfassung über die Finanzordnung.
5. Die Festlegung jener Leistungen, die durch das Komitee zu entscheiden sind.
6. Die Feststellung von Leistungen, soweit dies nicht dem Komitee übertragen
wird.
7. Die Beschlussfassung über die Veranlagung des Fondsvermögens.
8. Die Kontrolle über die widmungsgemäße Verwendung des Fondsvermögens.
9. Die Beauftragung und Durchführung einer regelmäßigen internationalen
Wirtschaftsprüfung.
10. Die Genehmigung des Rechnungsabschlusses.
11. Der Beschluß über den halbjährlichen Bericht an die Bundesregierung.
(2) Die Bundesregierung hat dem Hauptausschuss des Nationalrats den Bericht
gemäß Abs. 1 Z 11 unverzüglich vorzulegen und für eine Veröffentlichung zu sorgen.
§ 12. (Verfassungsbestimmung) (1) Dem Kuratorium gehören an:
1. der Bundeskanzler, der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten, der
Bundesminister für Finanzen, der Bundesminister für Justiz, der Bundesminister
für Land - und Forstwirtschaft, Gewässerschutz und Umwelt, der Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit oder von diesen entsandte Vertreter aus dem
jeweiligen Ressort,
2. die drei Präsidenten des Nationalrates oder von diesen zu entsendende
Vertreter,
3. je ein von den im Parlament vertretenen Parteien zu entsendendes Mitglied,
4. drei Mitglieder, die von der Landeshauptleutekonferenz zu entsenden sind,
5. fünf Wirtschaftsvertreter, von denen drei von der Wirtschaftskammer Österreich
und zwei von der Vereinigung der Österreichischen Industrie entsendet werden,
6. der Vorsitzende der Österreichischen Historikerkommission,
7. der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der KZ - Verbände und
Widerstandskämpfer Österreichs,
8. der Leiter des Dokumentationszentrums des Bundes jüdischer Verfolgter des
Naziregimes,
9. je ein Vertreter der Regierungen der Republik Belarus, der Republik Polen, der
Russischen Föderation, der Tschechischen Republik, der Ukraine, der Republik
Ungarn und der Vereinigten Staaten von Amerika, soferne diese einen solchen
entsenden.
(2) Vorsitzender des Kuratoriums ist der Bundeskanzler. Das Kuratorium wählt auf
Vorschlag des Vorsitzenden einen Stellvertreter des Vorsitzenden, der seinerseits
durch das an Jahren älteste sonstige Mitglied gemäß Abs. 1 Z 1 vertreten wird. Das
Kuratorium fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit bei Anwesenheit von
mindestens der Hälfte der Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme
des Vorsitzenden oder des Mitglieds, das ihn vertritt.
350/A XXI.GP Eingelangt am:14.12.2000
Initiativantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Ing. Peter Westenthaler, Dr. Andreas Khol, Mag.Terezija Stoisits und Genossen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds
der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des
Nationalsozialismus, BGBl. Nr. 432/1995, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl.
I Nr. 131/1999, wird wie folgt geändert:
1. § 2b erhält die Bezeichnung § 2c.
2. Der neue § 2b lautet wie folgt:
„§ 2b. (1) Unbeschadet der Zuwendungen gemäß § 7 wendet der Bund dem Fonds einen Betrag zu, der insgesamt dem Schillinggegenwert von 150 Millionen US - Dollar im Zeitpunkt 24. Oktober 2000 entspricht und nach Maßgabe des tatsächlichen Bedarfs zugezählt wird. Dieser Betrag ist vom Fonds in einem eigenen Verrechnungskreis für Leistungen gemäß Abs. 2 zu verrechnen.
(2) Dieser Betrag ist für Leistungen an Opfer des Nationalsozialismus im Sinne des
Abs. 3 zur endgültigen Abgeltung folgender Kategorien von Vermögensverlusten zu
verwenden:
a) Bestandrechte an Wohnungen und gewerblichen Geschäftsräumlichkeiten;
b) Hausrat;
c) Persönliche Wertgegenstände.
Die Rückgabe von Kunstgegenständen aufgrund gesetzlicher Regelungen wird
durch dieses Bundesgesetz nicht berührt.
(3) Leistungsberechtigt sind Personen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2, die vom
nationalsozialistischen Regime aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung,
Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, auf Grund einer körperlichen oder geistigen
Behinderung oder auf Grund des Vorwurfes der sogenannten Asozialität verfolgt wurden
oder das Land verlassen haben, um einer solchen Verfolgung zu entgehen, und die
selbst, oder deren Eltern, auf Grund von oder im Zusammenhang mit Vorgängen
zwischen dem 13. März 1938 und dem 9. Mai 1945 im Gebiet der heutigen Republik
Österreich einen Vermögensverlust in einer der in Abs. 2 genannten Kategorien erlitten
haben. Ein Rechtsanspruch auf Leistungen aus dem Fonds besteht nicht.
(4) Massgeblich für die Auszahlung ist, dass die Leistungsberechtigung gemäß
Abs. 3 aus Unterlagen, die sich bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes im Besitz des
Fonds befinden, bekannt ist, oder auf sonstige geeignete Weise nach Inkrafttreten dieses
Bundesgesetzes innerhalb von einem Jahr gegenüber dem Fonds glaubhaft gemacht
wird.
(5) Der Betrag nach Abs. 1 ist auf die Leistungsberechtigten zu gleichen Teilen
aufzuteilen. Die Auszahlungen beginnen unmittelbar nach Inkrafttreten dieses Bundes -
gesetzes. Um Leistungen in gleicher Höhe an alle Leistungsberechtigten zu gewähr -
leisten, kann ein Teilbetrag bis zur Höhe von 5 es Betrages nach Abs. 1 vorbehalten
werden. Wird dieser Teilbetrag bis spätestens ein Jahr nach in Kraft treten dieses
Bundesgesetzes nicht oder nicht in voller Höhe benötigt, ist der verbleibende Rest
ebenfalls zu gleichen Teilen auf die Leistungsberechtigten aufzuteilen.
(6) Die Auszahlung einer Leistung gemäß § 2b dieses Bundesgesetzes hat zur
Voraussetzung, dass der Leistungsempfänger eine Erklärung abgibt, mit Erhalt einer
Leistung nach diesem Bundesgesetz für sich und seine Erben auf die Geltendmachung sämtlicher Forderungen auf Grund von oder im Zusammenhang mit Vorgängen zwischen dem 13. März 1938 und dem 9. Mai 1945 im Gebiet der heutigen Republik Österreich erlittenen Vermögensverlusten in einer der in Abs. 2 genannten Kategorien gegen die Republik Österreich, österreichische Unternehmen im Sinne des § 5 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an
ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Ver -
söhnungsfonds - Gesetz), BGBl. I Nr. 74/2000, (ausgenommen soweit sie sich gegen die
Dorotheum Auktions -, Versatz - und Bank - Gesellschaft m.b.H.) sowie Staatsbürger der
Republik Österreich zu verzichten.
(7) Ist der Leistungsberechtigte am oder nach dem 24. Oktober 2000 verstorben,
treten an seine Steile die Erben nach dem jeweiligen nationalen Recht.“
3. Der bisherige Text des § 8 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“.
4. (Verfassungsbestimmung) Dem § 8 wird folgender Abs. 2 angefügt:
„(2) (Verfassungsbestimmung) § 2b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. .../...
tritt in Kraft, sobald die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und die öster -
reichische Bundesregierung vereinbart haben, dass die in § 2b dieses Bundesgesetzes
geregelten finanziellen Leistungen als „entsprechende rechtliche Möglichkeit“ im Sinne
des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über den Österreichischen Fonds „Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit (Versöhnungsfonds)“ für auf Grund von oder im Zusammenhang mit Vorgängen zwischen dem 13. März 1938 und dem 9. Mai 1945 im Gebiet der heutigen Republik Österreich erlittene Vermögensverluste der Leistungsberechtigten in den in Abs. 2 genannten Kategorien anzusehen sind. Die Bundesregierung gibt den Tag des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes im Bundesgesetzblatt I bekannt.“
Erläuterung: Allgemeiner Teil
Am 18. Mai 2000 hat Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel Botschafter Dr. Ernst
Sucharipa, als Sonderbotschafter für Restitutionsfragen mit der Führung von Gesprächen
mit Interessensvertretungen von Opfern des Nationalsozialismus beauftragt, um
gemeinsam mit diesen Lösungsansätze für eine umfassende Regelung noch offener
Fragen im Zusammenhang mit der Restitution oder Entschädigung für entzogenes Ver -
mögen, einschließlich der Anregung möglicher gesetzlicher Bestimmungen, zu erarbeiten.
Im Hinblick auf die Vorlage des Zwischenberichtes der Historikerkommission der Republik
Österreich im Oktober 2000 zur Frage der Arisierung von Bestandsverhältnissen
(Mietwohnungen) konzentrierte sich die Tätigkeit des Büro des Sonderbotschafters
zunächst insbesondere auf die Erarbeitung eines Lösungsansatzes in diesem Bereich.
Nach zahlreichen intensiven Gesprächen und drei vorbereitenden Verhandlungsrunden
über Restitutionsfragen zwischen Sonderbotschafter Dr. Ernst Sucharipa und Vertretern
jüdischer Opferorganisationen und Klagsanwälten, die auf Einladung des als Vermittler
fungierenden amerikanischen Vizefinanzministers Stuart Eizenstat in Washington, D.C.,
stattfanden, konnte am 5. Oktober 2000 in Wien zwischen Bundeskanzler Dr. Wolfgang
Schüssel und Vizefinanzminister Stuart Eizenstat eine Rahmenvereinbarung für die
weiteren Restitutionsverhandlunge n („Framework Concerning Austrian Negotiations
Regarding Austrian Nazi Era Propertv / Aryanization Issues“, siehe Anlage) als erstes
Zwischenergebnis erzielt werden.
In Punkt 4 Abs. 3 und 4 dieser Rahmenvereinbarung ist vorgesehen, einen Betrag von
150 Mio. US - Dollar an noch lebende Opfer des Holocaust, die aus Österreich stammen,
im Wege des Nationalfonds der Republik Österreich beschleunigt zur Verteilung zu
bringen. Damit sollen Ansprüche aus dem Entzug von Bestandsverträgen für Wohnungen und Betriebe, von Hausrat und von persönlichen Effekten (sofern nicht eine Veräußerung im Wege des Dorotheums erfolgte) abgegolten werden. Aufgrund der Rahmenverein - barung ist hinsichtlich darüber hinausgehender Ansprüche die Einrichtung eines „General Settlement Fund“ vorgesehen. Gegenstand der am 24. Oktober 2000 begonnenen Restitutionsverhandlungen ist daher u.a. auch die Ermittlung von Anspruchskategorien, in denen potentielle Lücken in der bisherigen österreichischen Restitutionsgesetzgebung bestehen.
Mit der Umsetzung dieses Teiles der Rahmenvereinbarung durch das vorliegende
Bundesgesetz soll eine seit 1947 bestehende Lücke der österreichischen Restitutions -
und Entschädigungsgesetzgebung möglichst rasch und unbürokratisch geschlossen
werden. Gemäß § 30 Z. 2 des Bundesgesetzes vom 6. Februar 1947 über die Nichtigkeit
von Vermögensentziehungen (Drittes Rückstellungsgesetz), BGBl. Nr. 54/1947, blieben
nämlich Ansprüche der Mieter (Pächter) von Wohn - und Geschäftsräumen und der
Pächter von Kleingärten einer besonderen gesetzlichen Regelung vorbehalten. Während
die Judikatur der Rückstellungskommissionen im letzeren Fall eine Rückstellung von Miet -
und Pachtrechten im Rahmen der bestehenden Rechtslage zuließ (vgl. Rkv Wien 484/48
vom 4.06.1948), wurde - wie im juristischen Teil des Zwischenberichtes der Historiker-
kommission ‚iber den Entzug von Mietrechten ausführlich erläutert wird - der Entwurf
eines Bundesgesetzes über die Rückstellungsansprüche geschädigter Bestandnehmer,
der unter bestimmten Voraussetzungen eine Naturalrestitution von Mietwohnungen
vorsah, aufgrund der Komplexität der Materie nie Gesetz. In Anbetracht der Tatsache,
daß das Bundesgesetz vom 25. Juni 1958 über die Gewährung von Entschädigungen für
durch Kriegseinwirkung oder durch politische Verfolgung erlittene Schäden an Hausrat
und an zur Berufsausübung erforderlichen Gegenständen, BGBl. Nr. 127/1958, Ent -
schädigung für Hausrat nur in beschränktem Umfang zuließ, sollen den Vermögens -
verlusten in diesem Bereich nunmehr pauschal Rechnung getragen werden.
Durch einmalige finanzielle Leistungen aufgrund des vorliegenden Bundesgesetzes sollen
die Vermögensverluste der Leistungsberechtigten in den drei obengenannten, inhaltlich
zusammenhängenden Kategorien endgültig abgegolten werden. Die Leistungen nach
diesem Bundesgesetz werden von der Republik Osterreich auf freiwilliger Basis, in
Anerkennung ihrer moralischen Verantwortung, erbracht. Ein Rechtsanspruch auf
Leistungen besteht nicht.
Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat ihre Bereitschaft bekundet, an der
Erreichung des Rechtsfriedens in den Vereinigten Staaten mitzuarbeiten, der eine der
Voraussetzungen für das Inkrafttreten dieses Gesetzes ist.
Besonderer Teil
Zu § 2b Abs. 1:
In Umsetzung der in der Rahmenvereinbarung vom 5. Oktober 2000 getroffenen Zusage
wendet der Bund dem Nationalfonds einen dem Schillinggegenwert von 150 Millionen US -
Dollar entsprechenden Betrag zu, der nach Maßgabe des tatsächlichen Bedarfs zugezählt
wird. Als Zeitpunkt der Umrechnung in Schilling wurde der Beginn der Restitutions -
verhandlungen am 24. Oktober 2000 festgesetzt. Um eine getrennte Buchführung
sicherzustellen, ist dieser Betrag vom Fonds in einem eigenen Verrechnungskreis zu
verrechnen.
Zu § 2b Abs. 2:
Diese Bestimmung enthält die in Punkt 4 Abs. 4 der Rahmenvereinbarung vom
5. Oktober 2000 genannten Kategorien von Vermögensverlusten. Durch den in Abs. 1
genannten Betrag sollen alle Vermögensverluste der Leistungsberechtigten im Sinne des
Abs. 3 in diesen Kategorien endgültig abgegolten werden.
Die Kategorie in lit. a umfaßt Bestandrechte an Wohnungen und gewerblichen Geschäfts -
räumlichkeiten. Die in lit. b und c genannten Vermögenswerte erfassen grundsätzlich
sämtlirhe in den in lit. a genannten Räumlichkeiten befindliche, bewegliche Gegenstände
und Vermögenswerte. Die Kategorie „Persönliche Wertgegenstände“ (lit. c) umfaßt
sämtliche Vermögenswerte wie z.B. Schmuck, Juwelen, Bargeld, Münz - und Brief -
markensammlungen und Bilder. Für Kunstwerke ist in der Rahmenvereinbarung
Restitution in rem vorgesehen. Ebenso sind Ansprüche gegen die Dorotheum Auktions -,
Versatz - und Bank - Gesellschaft m.b.H von der Rahmenvereinbarung und daher auch von
diesem Bundesgesetz nicht umfaßt.
Die Rückgabe von Kunstgegenständen aufgrund gesetzlicher Regelungen (insbes.
Bundesgesetz vom 4. Dezember 1998 über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus
den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen, BGBl. I Nr. 181/1998) wird durch
dieses Bundesgesetz nicht berührt.
Zu § 2b Abs. 3:
Durch diese Bestimmung wird der Kreis der Leistungsberechtigten festgelegt. Leistungs -
berechtigt sind natürliche Personen, welche die Voraussetzungen des Abs. §2 Abs. 1 Z. 2
erfüllen und vom nationalsozialistischen Regime verfolgt wurden (Verfolgung aus Gründen
der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, auf Grund einer kör -
perlichen oder geistigen Behinderung oder auf Grund des Vorwurfes der sogenannten
Asozialität) oder das Land verlassen haben, um einer solchen Verfolgung zu entgehen,
sofern entweder sie selbst oder ihre Eltern auf Grund von oder im Zusammenhang mit
Vorgängen zwischen dem 13. März 1938 und dem 9. Mai 1945 im Gebiet der heutigen
Republik Österreich einen Vermögensverlust in einer der in Abs. 2 genannten Kategorien
erlitten haben. Dabei wurde darauf Bedacht genommen, Leistungen an Personen vorzu -
sehen, die aufgrund ihrer Verfolgung entweder selbst, oder deren Eltern,
Vermögensverluste erlitten haben.
Zu § 2b Abs. 4:
Diese Bestimmung legt die Voraussetzungen für die Auszahlung fest und berücksichtigt
insbesondere die Tatsache, daß die zur Glaubhaftmachung der Leistungsberechtigung
erforderlichen Unterlagen bereits nahezu vollständig in den Akten des Nationalfonds
verfügbar sind. Allfällige noch nicht vom Nationalfonds erfaßte Personen können ihre
Leistungsberechtigung binnen eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes
gegenüber dem Fonds glaubhaft machen.
Zu § 2b Abs. 5:
Diese Bestimmung legt den Auszahlungsmodus fest. Gemäß Punkt 4 Abs. 4 der
Rahmenvereinbarung ist der Gesamtbetrag von 150 Mio. USD zur Gänze zu gleichen
Teilen auf Überlebende des Holocaust aufzuteilen. Nach Maßgabe der Verhandlungen
sollen die Auszahlungen unmittelbar nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes mit einem
Betrag in der Höhe des Schillinggegenwertes von USD 7000 beginnen. Um sicherzu -
stellen, daß alle Leistungsberechtigten den gleichen Betrag erhalten, kann ein Teilbetrag
bis zur Höhe von 5er 150 Mio. USD vorbehalten werden. Wird dieser Teilbetrag bis
spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes nicht, oder nicht in voller
Höhe benötigt, ist der verbleibende Rest ebenfalls zu gleichen Teile auf die Leistungs-
berechtigten aufzuteilen. Diese Vorgangsweise wurde gewählt, damit sichergestellt ist,
daß auch Opfern deren Unterlagen dem Nationalfonds noch nicht vorliegen ein Teilbetrag
in gleicher Höhe ausbezahlt werden kann.
Zu § 2b Abs. 6:
Diese Bestimmung sieht eine Verzichtserklärung der Leistungsempfänger vor. Diese
müssen für sich und ihre Erben auf die Geltendmachung sämtlicher Forderungen für
Vermögensverluste aus den in Abs. 2 genannten Kategorien gegen die Republik
Österreich, österreichische Unternehmen und Staatsbürger der Republik Österreich
verzichten. Zur Definition des Begriffes Unternehmen wird auf die im Versöhnungsfonds -
gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) gewählte Definition verwiesen. Die Erklärung hat der
Leistungsempfänger beim Empfang der Leistung Zug um Zug zu unterfertigen. Sie sind
vom Fonds vor Auszahlung zur Unterschrift vorzulegen.
Da Ansprüche gegen die Dorotheum Auktions -, Versatz - und Bank - Gesellschaft m.b.H.
von der Rahmenvereinbarung nicht umfaßt sind, ist auch kein Verzicht auf solche vorge -
sehen. Rechtssicherheit für das Dorotheum wird ebenso wie für alle anderen im General
Settlement Funds zu regelnden Kategorien erst mit diesem eintreten.
Zu § 2b Abs. 7:
Der Stichtag 24. Oktober 2000, mit dem eine Vererblichkeit des Anspruchs eintritt (ein
langer Zeitablauf nach Beginn der Erarbeitung einer Regelung für die Leistungen soll nicht
zu Lasten der Opfer gehen, wurde mit dem Tag des Beginns der Restitutionsver -
handlungen festgesetzt. Für die Erbfolge im Falle des Ablebens eines Opfers am oder
nach dem Stichtag gilt das jeweilige nationale Erbrecht des Leistungsberechtigten
(testamentarisches oder gesetzliches Erbrecht).
Zu § 8 Abs. 2:
Die Inkrafttretensklausel dieses Bundesgesetzes enthält die Bedingung, daß die
Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und die Österreichische Bundesregierung
vereinbart haben, daß die in §2b dieses Bundesgesetzes geregelten Leistungen als
„entsprechende rechtliche Möglichkeit“ im Sinne des Abkommens zwischen der Österrei -
chischen Bundesregierung und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über
den Österreichischen Fonds „Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit (Versöhnungs -
fonds)“, BGBl. Nr.../2000, für auf Grund von oder im Zusammenhang mit Vorgängen
zwischen dem 13. März 1938 und dem 9. Mai 1945 im Gebiet der heutigen Republik
Österreich erlittene Vermögensverluste der Leistungsberechtigten in den in Abs. 2
genannten Kategorien anzusehen sind und damit entsprechende Rechtssicherheit eintritt.
Anlage:
Framework Concerning Austrian Negotiations Regarding Austrian Nazi Era
Property I Aryanization Issues
173/A XXI.GP
Änderungsantrag des Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz, BGBl. 183/1947 geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz, BGBl. 183/1947 geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
§ 1 Abs. 2 erster Satz wird wie folgt geändert:
„1. § 1 Abs. 2 erster Satz lautet:
(2) Als Opfer der politischen Verfolgung im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
Personen anzusehen, die in der Zeit vom 6. März 1933 bis zum 9. Mali 945 aus
politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen
Orientierung, aufgrund einer Behinderung oder als "asozial" Verfolgte durch
Maßnahmen eines Gerichtes, einer Verwaltungs - (im besonderen einer
Staatspolizei -) Behörde oder durch Eingriffe der NSDAP einschließlich ihrer
Gliederungen in erheblichem Ausmaß zu Schaden gekommen sind (einschließlich
Zwangssterilisationen)."
Begründung:
In den Konzentrationslagern des 3. Reiches waren etwa 15.000 homosexuelle
Männer inhaftiert und mit einem rosa Winkel auf der Häftlingsuniform
gekennzeichnet. Rund 10.000 von ihnen sind von den Nationalsozialisten
umgebracht worden.
Obwohl diese Opfergruppe zusammen mit den als „asozial“ verfolgten Personen im
Nationalfonds - Gesetz berücksichtigt werden, fehlt bis heute die Anerkennung im
Opferfürsorgegesetz.
Im Rahmen eines Euthanasie - Symposiums im Psychiatrischen Krankenhaus der
Stadt Wien auf der Baumgartner Höhe wurde auch über das Thema „NS -
Zwangssterilisationen in der Heil und Pflegeanstalt Am Steinhof“ refenert. Nach
Recherchen des Dokumentationsarchives des Österreichischen Widerstandes
wurden in Österreich zwischen 1940 und 1945 ca. 6.000 Menschen
zwangssterilisiert. Es erscheint sinnvoll, Zwangssterilisationen im Gesetz
ausdrücklich anzuführen.
Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
9. Sitzung / Seite 129
(SPÖ-Abgeordneter): Da gibt es auf der einen Seite die Erklärung des Bundeskanzlers Schüssel: Die Bundesregierung wird dem nachgehen. Dann gibt es aber einen Punkt in der Koalitionsvereinbarung, der diese doch sehr deutliche und klare Stellungnahme des Bundeskanzlers Schüssel zur Zwangsarbeit relativiert – und das ist Ihre Sprache, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen. Da heißt es unter Punkt "12. Wiedergutmachung für Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Vertriebene":
"Die Bundesregierung wird um sachgerechte Lösungen in den Fragen aller im Zuge des Zweiten Weltkrieges zur Zwangsarbeit gezwungenen Personen, der österreichischen Kriegsgefangenen sowie der in der Folge der Beneš-Dekrete und AVNOJ-Bestimmungen nach Österreich vertriebenen deutschsprachigen Bevölkerung bemüht sein."
Das halte ich für ungeheuerlich. Das halte ich für ungeheuerlich! Statt sich im Kontext einer klaren Stellungnahme, die jede Bundesregierung – egal, von wem sie gebildet wird – notwendig hat, von nationalsozialistischen Verbrechen, von nationalsozialistischer Zwangsarbeit zu distanzieren, wird hier relativiert und die NS-Zwangsarbeit mit Vertriebenen gegengerechnet. (Abg. Böhacker: Das ist falsch!) Es kann schon sein, dass hier Unrecht geschehen ist, es stimmt auch, aber das hat, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, im Kontext von NS-Zwangsarbeit überhaupt nichts zu suchen.
Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie haben leider Gottes hier noch einiges aufzuarbeiten, einige unbewältigte dunkle, braune Flecken, die Ihnen immer wieder und offensichtlich bis in die Koalitionsvereinbarung das Augenlicht trüben. Darum erwarten wir von Ihnen auch eine entsprechende Erklärung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Sie sagen bewusst die Unwahrheit! Das ist schäbig, was Sie da machen! Das ist die Unwahrheit! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)
354/J XXI.GP ANFRAGE der Abgeordneten Dietachmayr, Antoni und Genossen an den Bundeskanzler
betreffend "Benes - Dekrete" und ‚,AVNOJ - Bestimmungen"
Im Regierungsprogramm von FPÖ und ÖVP ist unter dem Titel "Wiedergutmachung
für Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Vertriebene" folgendes festgehalten:
"Die Bundesregierung wird um sachgerechte Lösungen in den Fragen aller im Zuge
des 2. Weltkrieges zur Zwangsarbeit gezwungenen Personen, der österreichischen
Kriegsgefangenen sowie der in der Folge der Benes - Dekrete und AVNOJ -
Bestimmungen nach Österreich vertriebenen deutschsprachigen Bevölkerung
bemüht sein."
Der niederösterreichische FPÖ - Obmann Hans - Jörg Schimanek hat in einer
Aussendung vom 10. Februar 2000 folgendes festgestellt: "Solange Tschechien nicht
bereit ist, die menschenrechtswidrigen Benes - Dekrete aus seiner Verfassung zu
streichen, wird es keinen EU - Beitritt unseres Nachbarlandes geben." Abschließend
meinte Schimanek: "Solange freiheitliche Politiker die Geschicke Österreichs in
Regierungsverantwortung mitbestimmen, werde es jedenfalls keinen EU - Beitritt
Tschechiens ohne Verzicht auf die Benes - Dekrete geben."
In einem Interview mit der Tageszeitung "Kurier" vom 13. Februar 2000 haben Sie im
Zusammenhang mit dem EU -Erweiterungsprozess auf die Frage "Es gibt Ängste in
den Nachbarländern, dass Österreich durch die Regierungsbeteiligung der FPÖ den
Beitrittsprozess verzögert", folgendes geantwortet: "Es gibt keinen Hinweis, dass
Österreich von seinem Pro - Erweiterungskurs abgeht. Die mittel - und
osteuropäischen Länder kennen mich. Wir haben keinen Grund, den
Erweiterungsprozess zu verlangsamen. Wir müssen uns den Problemen in
Verhandlungen stellen: beim Personenverkehr muss es Übergangsfristen geben.
Und auf die Frage: "Sind die Benes - Dekrete Tschechiens eine Hürde?" haben Sie
geantwortet: "Die Fragen der Restitution und der Rechtsnachfolge sind immer ein
bilaterales Thema gewesen. Sie müssen in gutem nachbarschaftlichem Geist
diskutiert werden. Nicht als Junktim. So wie wir unsere Vergangenheit aufarbeiten -
was nicht immer leicht ist wird auch in anderen Ländern die Vergangenheit
aufgearbeitet werden müssen."
In einem Interview mit dem Wochenmagazin "FORMAT" vom 14. Februar 2000 meint
der Aussenminister der tschechischen Republik Jan Kavan, dass es mit Österreich
kein Vertrauensverhältnis mehr gebe und sagt wörtlich: "Insbesondere irritiert mich
Artikel 12 (des Regierungsübereinkommens - Anm.), wo in ein einem Atemzug NS -
Opfer mit jenen Menschen genannt werden, die die Tschechoslowakei nach 1945
verlassen mussten. Auch wenn Schüssel glaubhaft bestätigt, dass es so eine
Verbindung nicht gibt, sieht es ganz so aus, als hätten die Verfasser sehr wohl eine
solche gewollt." Auf die Frage "Welche Lösungen sehen Sie in der Frage der
Sudetendeutschen?" antwortete der tschechische Aussenminister: "Wünschenswert
wäre ein ähnlicher Weg wie der mit Deutschland. Allerdings braucht man für eine
Lösung eine Atmosphäre des Vertrauens. Da es eine solche mit Österreich nicht gibt,
werden wir die Expertengespräche verschieben."
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler
nachstehende
Anfrage:
1. Werden die Fragen der Entschädigung für zur Zwangsarbeit gezwungenen
Personen, der österreichischen Kriegsgefangenen sowie der Benes - Dekrete
und AVNOJ - Bestimmungen tatsächlich zusammenhängend gesehen?
2. Wird ein Junktim zwischen der Aufhebung der Benes - Dekrete und des EU -
Beitritts Tschechiens hergestellt?
3. Wie schätzen Sie die Chancen - vor dem Hintergrund der Aussagen des
tschechischen Aussenministers Jan Kavan - sachgerechte Lösungen für die
Betroffenen zu finden, ein?
Bundesrat
Stenographisches Protokoll
667. Sitzung
Entschließungsantrag
der Bundesräte Mag. John Gudenus und Kollegen betreffend die Durchsetzung von Vermögensansprüchen von ehemaligen Kriegsgefangenen, Vertriebenen und zur Arbeitsleistung verpflichteten Österreichern
Der Bundesrat wolle beschließen:
"Der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Vorlage zuzuleiten, die folgendes vorsieht:
1. allen österreichischen Kriegsgefangenen – die oftmals bis 1955 Zwangsarbeit und Frondienst leisten mußten – und allen Österreichern, die während der Kriegszeit zur Zwangsarbeit herangezogen wurden, eine zeitadäquate Entschädigung – basierend auf der Zwangsarbeitsentschädigung für Ukrainer, Polen und andere – zukommen zu lassen,
2. die Prüfung der vermögensrechtlichen Ansprüche völkerrechtswidrig ausgewiesener und enteigneter Personen, welche sich nach dem Kriege in Österreich niedergelassen haben."
Wir stimmen dem Gesetz zu. Wir hoffen, daß Sie unserem Entschließungsantrag auch zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Der von den Bundesräten Mag. Gudenus und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend die Durchsetzung von Vermögensansprüchen von ehemaligen Kriegsgefangenen, Vertriebenen und zur Arbeitsleistung verpflichteten Österreichern ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Gibt es weitere Wortmeldungen? – Kollege Konečny, bitte. Ich erteile ihm das Wort.
Bundesrat Albrecht Konečny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich will den Anspruch des Kollegen Gudenus, daß er zu diesem Gesetz dieselben Meinungen vertrete wie die Angehörigen der beiden Regierungsfraktionen, nicht diskutieren. Ich möchte nur eines festhalten:
Die Einbringung dieses natürlich als unselbständig ausdrücklich an diese Novelle gekoppelten Entschließungsantrages ist genau das, was die Frau Vizepräsidentin in ihrer Rede in so eindrucksvoller Weise als moralisch unzulässig bezeichnet hat. Das Anliegen, das hier vorgebracht wird, zu debattieren, ist eine Sache. Hier in dieser Debatte und im Zusammenhang mit dieser Novelle mit einer Opfergruppe, gegenüber der Menschen dieses Landes eine ganz besondere Verantwortung haben, eine Verquickung herzustellen, ist moralisch unzulässig.
Wir werden aus diesem Grund – ich betone: aus diesem Grund – diesen Entschließungsantrag ablehnen. Aber ich möchte politisch dazu sagen, daß wir Sie gerne einladen, diesen Antrag erneut als Selbständigen Antrag zu stellen. Wir können uns gerne über dieses Thema unterhalten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Gibt es weitere Wortmeldungen? – Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein. Ich erteile ihm dieses.
Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Ich erlaube mir, dazu eines ganz klipp und klar zu sagen, nämlich daß ich persönlich absolut dem zustimme, was Kollege Konečny jetzt gesagt hat. Wir müssen das eine, dieses Gesetz, diese Möglichkeiten, schaffen. Wir müssen als Europäer natürlich auch auf die Heimatvertriebenen, Kriegsgefangenen et cetera
(FPÖ-Abgeordneter): Wir werden jetzt in der nächsten Zeit sehr viel Geld in Bezug auf die Wiedergutmachung für Zwangsarbeiter ausgeben können. – Das ist menschlich, das ist gut. Denken wir aber auch daran, dass es Österreicher gab, die bis zu zehn Jahre lang Zwangsarbeit geleistet haben! Vielleicht könnten wir für diese vom Ausland Geld bekommen, damit es auch einen Rückfluss gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Das wäre auch Humanität. Humanität ist nicht immer nur in der einen Hand. Beide Hände müssen human sein. Jede Hand, jeder Griff, den wir tun, muss bemüht sein, Gerechtigkeit ... (Bundesrat Bieringer: Und die eine Hand wäscht die andere!) – Herr Kollege! Das ist bei der ÖVP oft der Fall. Ich habe noch nicht die Möglichkeit dazu gehabt, aber wir wissen, wo es getan wird, insofern haben Sie Recht.
Sie wissen genauso gut wie ich, in welchen Ländern österreichische Kriegsgefangene und Zivilverschleppte nach dem Krieg Zwangsarbeit geleistet haben. Es ist berechtigt, diese Forderung zu stellen. Nichts anderes erwarte ich. Ob es dann einbringlich ist oder nicht, ist eine andere Angelegenheit. Aber es wäre ein Zeichen politischer Anständigkeit, ein Zeichen dafür, dass wir die österreichischen Staatsbürger genauso gut behandeln wie andere Staatsbürger oder jene Landsleute, die wieder nach Österreich zurückkehren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dipl.-Ing. Missethon: Wir würden uns auch viel ersparen, wenn es weniger Rosenstingls und Meischbergers gäbe! – Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.) – Möglich!
......
Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest. Es geht um die Zwangsarbeit der in der Deutschen Wehrmacht des Zweiten Weltkrieges zwangsverpflichteten Österreicher, die insbesondere in sowjetrussische Kriegsgefangenschaft geraten sind, als auch der Altösterreicher deutscher Muttersprache, die in ost- und südosteuropäischen Staaten nach dem kommunistischen Machtwechsel zu Zwangsarbeit verhalten und zum Teil auch zu diesem Zweck deportiert worden sind.
Um aber nicht heute zum Zeitpunkt einer geradezu historischen Beschlussfassung missverstanden zu werden, stelle ich für meine Fraktion ausdrücklich klar: Wir fordern keine politische Junktimierung beider Regelungsziele. Wir tragen mit anderen Worten das heute auf der Tagesordnung stehende Vorhaben vorbehaltlos mit. Wir bringen lediglich aus diesem Anlass unsere begründete Erwartung zum Ausdruck, dass sowohl im Interesse allseitiger Gerechtigkeit als auch im Sinne des Regierungsübereinkommens nun nicht minder die Zwangsarbeit unserer Kriegsgefangenen und unserer Volksgruppenangehörigen in absehbarer Zeit einer zufriedenstellenden Regelung zugeführt werden kann.
Im Hinblick auf das heutige Anliegen, gravierendem historischem Unrecht, das von unserem Boden, wenn auch nicht unter staatlicher Autorität Österreichs, ausgegangen ist, angemessen gerecht zu werden, soweit dies heute noch möglich ist, gibt meine Fraktion der betreffenden Vorlage aus rechtsethischen Erwägungen ihre Zustimmung. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)
Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 28
(SPÖ-Abgeordneter): Es ist ein Faktum, dass die Zwangsarbeit eine der Grundlagen war, damit es überhaupt eine Kriegsproduktion geben konnte. Es ist ein Faktum, dass diese Zwangsarbeit natürlich für eine Kriegsproduktion, für einen Krieg, der ein rassistisch, weltanschaulich motivierter Angriffskrieg war, missbraucht wurde. Das ist ein Faktum, dem man sich stellen muss. Das ist auch wichtig, wenn man diese Zwangsarbeit letztendlich in der vollen Tragweite beurteilen will. Es sollte auch unser Bestreben sein, das zu sehen.
Daher kann überhaupt keine Rede von einer "ordentlichen Beschäftigungspolitik" im "Dritten Reich" sein, sondern in Wirklichkeit war diese Zwangsarbeit die Basis dafür, dass diese Kriegsproduktion überhaupt möglich war. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Es hat natürlich entsetzliche Schicksale gegeben. Im Rahmen dieser Zwangsarbeit hat es natürlich viele Tote, viele Opfer gegeben. Ich finde, das sollte man all jenen klarmachen, die auch heute noch mit einer sauren Miene im Gesicht nicht wollen, dass es diese Entschädigung für die Zwangsarbeiter in der Zeit des Nationalsozialismus gibt. Sie sollen von uns hier hören – daher bin ich so froh, dass es diesen Vier-Parteien-Antrag, dieses gemeinsame Auftreten in dieser Sache gibt –, dass die Republik eine eindeutige Stellung gegenüber diesen Ereignissen vor 1945, in der Zeit des Nationalsozialismus gefunden hat.
Es ist wichtig, dass in diesem Zusammenhang auch die Geschichtsbewertung ihren Stellenwert bekommen soll. Ich finde es daher – das möchte ich kritisch anmerken – nicht ganz verständlich, wenn die Wirtschaft, die ebenfalls ihren Beitrag zu leisten hat, zögert. Man soll bitte nicht vergessen, dass von Zwangsarbeitern in der Zeit des Nationalsozialismus Werte geschaffen wurden, von denen die Österreicherinnen und Österreicher nach 1945 beim Wiederaufbau dieser Republik profitiert haben. Man darf nicht vergessen, dass Gewinne gemacht wurden und dass diese Werte und Gewinne nach 1945 nie entschädigt wurden.
Abgeordneter Dr. CAP (S) hob am Beginn seines Debattenbeitrages die Tatsache der Vier-Parteien-Einigung zu diesem Thema hervor und dankte in diesem Zusammenhang auch Dr. Schaumayer und Präsident Fischer für deren Engagement.
Abgeordneter Dr. KHOL (V) bewertete das vorliegende Gesetz als einen wichtigen Schritt zur Aufarbeitung des Unrechts und der Verbrechen durch den Nationalsozialismus. Die heutigen Generationen könnten sich nicht vorstellen, welchem Schicksal Millionen von Menschen zwischen 1938 und 1945 ausgesetzt gewesen seien und unter welchem Zwang, unter welcher Demütigung und Unterernährung die ZwangsarbeiterInnen hätten leiden müssen.
Abgeordnete Mag. STOISITS (G) betonte, dieses Gesetz dürfe kein Freikauf von den Lasten der eigenen Geschichte sein. Der heutige Beschluss setze aber der bisherigen Haltung Österreichs ein Ende, die darin bestand, so lange zuzuwarten, bis niemand von den ehemaligen Zwangsarbeitern mehr am Leben ist. Das Gesetz biete damit nach den Worten der Rednerin die Chance, unsere Haltung zu allen Opfern des Nationalsozialismus zu ändern und das Erbe der Nachgeborenen im Bezug auf die Geschichte zu erleichtern.
Abgeordneter Mag. HAUPT (F) interpretierte die Entschädigungen als freiwilligen Akt der Versöhnung über die Grenzen und Gräben der Vergangenheit hinweg. Das menschliche Leid könne damit aber nicht abgemindert werden. Es gehe vielmehr um die demokratische Selbstverständlichkeit, Verbrechen von Menschen, die aus Österreich stammen, anzuerkennen und dafür in entsprechender Form eine Geste zu leisten, meinte Haupt. Der Redner verstand das Gesetz auch als moralischen Schlussstrich und hob überdies den Aspekt der Rechtssicherheit für die Wirtschaft hervor. Ähnliche Akte der Versöhnung und des Einbekenntnisses erwartete sich Haupt nun auch von Tschechien und Slowenien gegenüber den Heimatvertriebenen.
Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL sprach ebenfalls von einer Geste der Versöhnung und stellte klar, es könne keinen Schlussstrich im moralischen Sinn geben, es müsse aber zu Rechtssicherheit kommen. Die Geschichte der Zweiten Republik sei keine Geschichte des fortgesetzten Verdrängens. Gerade in den letzten Jahren habe man entscheidende Akte der Wiedergutmachung gesetzt, meinte Schüssel und wies auf den Nationalfonds, die Kunstrestitution und die Lösung der Frage des Nazigoldes hin. Das Problem der Arisierungen, das von der Zwangsarbeiterfrage getrennt wurde, dürfe nun nicht auf die lange Bank geschoben werden, mahnte der Kanzler.
Abgeordneter Dr. OFNER (F) erkannte in dem Gesetz Vorbildwirkung auch im Bezug auf andere Opfergruppen. Er sprach in diesem Zusammenhang von den österreichischen Roma, die "keinen Anwalt Fagan haben, der sich ihrer annimmt". Handlungsbedarf sah Ofner aber auch hinsichtlich der österreichischen Kriegsgefangenen, die nach dem Krieg als Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Dieses Gesetz sei somit ein wichtiger Schritt, es dürfe aber nicht der letzte Schritt gewesen sein, sagte er.
Abgeordneter Mag. KUKACKA (V) meinte, dass mit dem vorliegenden Gesetz nicht alle Probleme gelöst und nicht alle offenen Fragen beantwortet werden. Mit Entschiedenheit wies der Abgeordnete Geschäftemacherei mit Opfern des Holocaust zurück. Zwischen zivilisierten Staaten könne dafür kein Platz sein. Kukacka zeigte sich verständnislos gegenüber US-Anwälten, die versuchten, die von Maria Schaumayer eingeleitete Versöhnung zu unterlaufen. Abschließend erinnerte Kukacka auch an das Schicksal vieler Österreicher, die vertrieben wurden und Zwangsarbeit leisten mussten. Auch wenn jede Aufrechnung mit den Opfern des Holocausts abzulehnen sei, müsse es erlaubt sein, auch diesen Opfern von Vertreibung, Zwangsarbeit und Ausbeutung unseren Respekt zu erweisen.
Abgeordneter Mag. POSCH (S) wertete die einstimmige Verabschiedung des Versöhnungsfonds-Gesetzes als positiv, sprach aber die Befürchtung aus, dass es schwierig sein werde, den großen Betrag von 6 Mrd. S aufzubringen, wobei er meinte, Sammelklagen könnten die Aufbringung des Geldes in Frage stellen. In den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte der Redner aber die skeptische Frage, wer hier mit wem versöhnt werden solle, ob Versöhnung mit den Opfern oder mit der eigenen Vergangenheit gemeint sei. " In der Folge warf Posch Dipl.-Ing. Prinzhorn vor, in einer Kritik an der österreichischen Zwei-Klassen-Gesellschaft das Wort "asozial" gebraucht zu haben und erinnerte daran, dass dieses Wort in der NS-Zeit für "Feinde der Volksgemeinschaft" verwendet wurde. Es gebe keine braunen Horden auf unseren Straßen, Österreich sei ökonomisch sowie politisch stabil und es herrsche sozialer Frieden. Man sollte aber darüber nachzudenken, wohin eine solche Wortwahl unter anderen gesellschaftlichen Bedingungen führen könne, sagte Posch. In diesem Zusammenhang warf er auch dem Kärntner Landeshauptmann den Ausdruck "parasitäre Elemente" und Vizekanzlerin Riess-Passer die Behauptung vor, Gewerkschafter dächten darüber nach, "wie man den Staat schädigen kann". Vom Bundeskanzler verlangte Posch, darüber nachzudenken, mit wem er sich eingelassen habe und bezeichnete die Volksbefragung als "ein frivoles Spiel". - "Wer hören will, kann hören, wer sehen will, kann sehen, wer verstehen will, kann verstehen - wer nicht verstehen will, dem ist ohnehin nicht zu helfen", schloss Mag. Posch.
Bei der Abstimmung wurde das Versöhnungsfonds-Gesetz in verfassungskonformer Weise einstimmig angenommen.
(Schluss)
Versöhnungsfonds
PARLAMENTSKORRESPONDENZ, 30.06.2000/Nr. 407
VERSÖHNUNGSFONDS PASSIERT VERFASSUNGSAUSSCHUSS EINSTIMMIG
Ausdrückliche Anerkennung der Arbeit Schaumayers
Wien (PK) - Die Mitglieder des Verfassungsausschusses verabschiedeten heute einstimmig das Versöhnungsfonds-Gesetz in der Fassung eines Vier-Parteien-Abänderungsantrages. Parlamentarier aller Parteien sowie Bundeskanzler Schüssel verliehen Ihrer Freude und Anerkennung darüber Ausdruck, dass diese außerordentlich sensible Materie in so relativ kurzer Zeit beschlussfähig vorliegt und zollten dafür der Regierungsbeauftragten Dr. Schaumayer und deren Mitarbeitern für ihre engagierte Arbeit ausdrückliche Anerkennung. Dank wurde allgemein auch Präsident Fischer ausgesprochen, der wesentlich zur gemeinsamen Initiative der Parlamentarier beigetragen hatte.
Mit dem Versöhnungsfonds-Gesetz sollen Leistungen an SklavenarbeiterInnen und ZwangsarbeiterInnen während des nationalsozialistischen Regimes ermöglicht werden. Der von den Abgeordneten Dr. Cap (S), Dr. Khol (V), Ing. Westenthaler (F) und Mag. Stoisits (G) eingebrachte Antrag ( 180/A) sieht die Errichtung eines Fonds mit der Bezeichnung "Versöhnungsfonds" zur Erbringung von Leistungen an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich vor. Dieser Fonds hat zum Ziel, durch eine freiwillige Geste der Republik Österreich gegenüber natürlichen Personen, die durch das nationalsozialistische Regime zu Sklaven- oder Zwangsarbeit auf dem Gebiet des heutigen Österreich gezwungen wurden, einen Beitrag zu Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit zu leisten. Vorgesehen sind einmalige Geldleistungen in Höhe von 105.000 S (an SklavenarbeiterInnen), 35.000 S (ZwangsarbeiterInnen in Industrie und Gewerbe bzw. bei öffentlichen Einrichtungen) und 20.000 S (ZwangsarbeiterInnen in Landwirtschaft und persönlicher Dienstleistung). Auch für betroffene Kinder und Minderjährige sind Zahlungen vorgesehen. An Frauen, die während der Zeit ihres Einsatzes als Zwangsarbeiterinnen Kinder in Ostarbeiterinnen-Entbindungsheimen zur Welt brachten oder zum Schwangerschaftsabbruch genötigt wurden, kann eine zusätzliche Leistung von 5.000 S erbracht werden. Ehemalige Kriegsgefangene sind nicht leistungsberechtigt. Ein Rechtsanspruch ist nicht vorgesehen. Durch den Abänderungsantrag wird sichergestellt, dass anspruchsberechtigte Personen, welche eine Leistung aus der Stiftung der Bundesrepublik Deutschland erhalten, keine Forderungen mehr an den österreichischen Fonds stellen können. Eine Beilage des Ausschussberichts enthält eine Liste jener Lager, deren Inhaftierte als Leistungsberechtigte des Versöhnungsfonds-Gesetzes in Frage kommen.
Leistungen müssen persönlich beantragt werden, wobei der Anspruch glaubhaft gemacht werden muss. Es werden nur Anträge berücksichtigt, die innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes gestellt werden; die Verlängerung der Antragsfrist um höchstens ein Jahr ist möglich. Das Gesetz tritt in Kraft, sobald sichergestellt ist, dass die vorgesehenen Mittel in Höhe von 6 Mrd. S zur Gänze verfügbar sind und die Abkommen zur Sicherung des Rechtsfriedens mit den USA und jenen Staaten, in denen Partnerorganisationen eingerichtet sind, unterzeichnet sind. Der Fonds ist auf drei Jahre befristet. Stichtag für die Entschädigung ist der 15. Februar 2000 und damit jener Tag, an dem Maria Schaumayer zur Regierungsbeauftragten ernannt wurde.
Die Fondsmittel in Höhe von 6 Mrd. S sollen aus Zuwendungen des Bundes und anderer Gebietskörperschaften, aus der Wirtschaft und aus sonstigen Zuwendungen gespeist werden. Innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes soll eine weltweite Bekanntmachung erfolgen.
Oberstes Organ des Fonds ist ein Kuratorium, Vorsitzender dieses Kuratoriums ist der Bundeskanzler. Dem Kuratorium gehören neben Ministern, Nationalräten, einem Vertreter der Landeshauptleutekonferenz und Wirtschaftsvertretern, die von der Arbeitsgemeinschaft "Plattform humanitäre Aktion" entsendet werden, ein Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände und Widerstandskämpfer Österreichs, der Leiter des Dokumentationszentrums, der Obmann des Kulturvereines österreichischer Roma, Vertreter der betreffenden Staaten sowie der USA sowie ein von der Regierung der USA zu entsendender Rechtsanwalt an. Zu einzelnen Tagesordnungspunkten können weitere Personen kooptiert werden.
Abgeordneter Dr. KHOL (V) hob die sorgfältigen Beratungen dieser schwierigen Materie hervor und zeigte sich zufrieden, dass eine Lösung gefunden werden konnte, die sachgerecht sei, international respektiert werde und mit der man einer moralischen Verpflichtung nachkomme.
Seitens der freiheitlichen Fraktion nahm Abgeordneter Dr. KRÜGER zum vorliegenden Gesetz Stellung und meinte, dass Österreich zu Recht für das lange Hinausschieben dieser notwendigen Schritte kritisiert worden sei. Dennoch müsse man auch betonen, dass es bereits Entschädigungsgesetze gegeben habe, und eine Vielzahl von Vermögenswerten zurückgestellt worden seien. Man müsse auch Grenzen setzen und daher sei er gegen die von Präsident Muzicant geforderten Wiederaufrollung der Rückstellungsprozesse.
Die sechs Milliarden bezeichnete er als eine durchaus großzügige Geste, auch im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland, wo mit der dortigen Stiftung alles abgedeckt werde. Mit dem Versöhnungsfonds-Gesetz seien zunächst aber nur Zwangs- und SklavenarbeiterInnen umfasst. Die Frage der Arisierung werde eigens in Angriff genommen. Der Abgeordnete verhehlte aber nicht, dass die Herstellung der Rechtssicherheit noch ein schwieriges Unterfangen sein werde.
Präsident Dr. FISCHER erinnerte daran, dass in den 90er Jahren einiges in Gang gebracht worden sei und nannte die bemerkenswerten Reden von Bundeskanzler a.D. Vranitzky und Bundespräsident Klestil in Wien und Jerusalem, den Nationalfonds, die Einführung des Gedenktages und die Einsetzung der Historikerkommission. Das Konzept des Versöhnungsfonds hält er für richtig und vernünftig und konzedierte der Regierungsbeauftragten Schaumayer, ihre Aufgabe balanciert, engagiert, mit Flexibilität und Festigkeit erfüllt zu haben. Die wesentliche Aufgabe der nächsten Monate werde es sein, die erforderlichen Mittel aufzubringen.
Abgeordneter Mag. POSCH (S) unterstrich abermals die moralische Pflicht der Republik und merkte an, dass dieses Gesetz nur eine moralische Entschädigung darstelle, weil man sich der Dimension dessen, was Schadenersatz ist, gar nicht bewusst sei. Er verbindet mit der Einrichtung des Fonds die Hoffnung, die materiellen Probleme zu lösen, die Debatte über diese unselige Zeit dürfe jedoch nicht beendet werden, sie sei notwendiger denn je, so der Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. STOISITS (G) schloss sich der positiven Beurteilung an, fügte aber hinzu, dass der Erfolg davon abhängen werde, ob es gelinge, die sechs Milliarden auf die Beine zu stellen. Dennoch gebe es aus ihrer Sicht einige kritische Fragen und Anmerkungen. Diese betrafen u.a. die Insassen der Arbeitserziehungslager, wo die Mortalitätsrate enorm hoch war, sowie italienische Militärinternierte und Zwangsarbeiter in Euthanasielagern. Zum Entwurf für den Ausschussbericht merkte sie an, dass die Entschädigung nicht mit der Erweiterung der EU in Zusammenhang gebracht werden könne. Auch sei die Feststellung falsch, dass die Interessen der Israelitischen Kultusgemeinde berücksichtigt worden seien.
Abgeordnete Dr. PETROVIC (G) thematisierte den Ungeist jener Zeit, der leider nicht vollkommen verschwunden sei, vielmehr komme er in Schriften, Äußerungen und Vorkommnissen, die dieser Zeit huldigen und sie verharmlosen, verstärkt zur Geltung. "Die Kräfte der Dunkelheit tummeln sich im hellen Tageslicht", so die Mandatarin. Sie zeigte sich auch enttäuscht darüber, dass der Bundeskanzler nicht bereit gewesen sei, auf ihre diesbezüglichen parlamentarischen Anfragen zu antworten. Angesichts der Situation halte sie es für die Spitze der Republik unmöglich, dazu dauernd zu schweigen.
Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL unterstrich, dass die Bundesregierung eine solche Initiative von Anfang an setzen wollte und man daher diese Zielsetzung bewusst in das Regierungsprogramm aufgenommen habe. Auch in der Regierungserklärung befinde sich dazu eine breite Passage. Dass der Antrag heute beschlussfertig auf dem Tisch liege, sei ein persönliches Verdienst von Schaumayer und er wolle auch dem Präsidenten dafür danken, die Verantwortung für eine gemeinsame Initiative der ParlamentarierInnen übernommen zu haben, auch wenn die Situation emotional nicht einfach gewesen sei.
Im Gegensatz zur Abgeordneten Petrovic sieht er darin auch einen Beweis dafür, dass eine breite Diskussion heute einfacher und selbstverständlicher geworden sei. Die Sensibilität habe sich sicherlich erhöht. Ein wunder Punkt sei ohne Frage das Internet und auch der Bildungsauftrag an die nächste Generation sei unbestritten. Schüssel merkte aber auch an, dass es möglich sein müsse, der eigenen Toten des Weltkrieges zu gedenken, ohne die Balance und Objektivität zu verlieren. Es müsse möglich sein, alle wichtigen Themen mit hoher Sensibilität anzusprechen, und wie wir nicht unserer Geschichte entkommen könnten, könnten dies auch andere Länder nicht, auch nicht die Beitrittskandidaten. Die sechs Milliarden bezeichnete er als eine gewaltige Geste.
Regierungsbeauftragte Dr. SCHAUMAYER bestätigte, dass man von Anfang an mit großem Elan unterwegs gewesen sei. Man werde mittels gut vorbereiteter Öffentlichkeitsarbeit für eine rechtzeitige und umfassende Information der Leistungsberechtigten sorgen. In Richtung der Abgeordneten Stoisits stellte Schaumayer fest, dass man die wertvollen Anregungen der Israelitischen Kultusgemeinde berücksichtigt habe. Der Zusammenhang mit der EU-Erweiterung könne selbstverständlich nicht mit der Zwangsarbeit sondern nur mit der Versöhnung hergestellt werden. Was die Arbeitserziehungslager betrifft, habe es sich dabei in den meisten Fällen nur um Kurzaufenthalte gehandelt, das Gesetz schließe aber nicht aus, auch diese Personen zu berücksichtigen, da in erster Linie auf die individuellen Schicksale Bedacht genommen werde. Auch bei Kriegsgefangenen könne es Härtefälle geben, die dann in den Genuss einer Entschädigung kommen. Auf eine Frage des Abgeordneten Dr. Cap bestätigte die Regierungsbeauftragte, dass Angehörige aller Nationalitäten angesprochen seien und man die Botschaften mit ausreichender Information versorgt habe und dies auch in Zukunft tun werde.
Schaumayer unterstrich abschließend die Bedeutung der Herstellung der Rechtssicherheit für die Wirtschaft, betonte aber gleichzeitig, dass die Aufbringung der sechs Milliarden Schilling dafür unerlässliche Voraussetzung sei. In Anlehnung an die Wortmeldung von Dr. Petrovic berichtete sie, dass im Vergleich zur Gesamtkorrespondenz jene Briefe relativ gering gewesen seien, die pamphletartigen Charakter hatten. (Schluss)
PARLAMENTSKORRESPONDENZ/01/07.07.2000/Nr. 429
NATIONALRAT BESCHLIESST VERSÖHNUNGSFONDSGESETZ EINSTIMMIG
Konsensmaterien am letzten Sitzungstag vor der Sommerpause
Wien (PK) - Versöhnlicher Ausklang der Tagungsperiode des Nationalrats: Die Tagesordnung wird von Konsensmaterien dominiert, die Opposition stellt keine Dringliche Anfrage, der Nationalrat geht in die Sommerpause. Mit dem Beschluss des Versöhnungsfondsgesetzes und der Verankerung des Schutzes und der Förderung der Minderheiten stehen zudem Materien an der Spitze der Tagesordnung, deren Bedeutung über Tagesaktualität und Landesgrenzen hinaus reicht.
Der vorsitzführende Präsident des Nationalrates, Dr. Heinz FISCHER, begrüßte eingangs die Regierungsbeauftragte Dr. Maria Schaumayer, die der Diskussion über das Versöhnungsfonds-Gesetz folgte.
Wien, 2000 07 19
Alfred SCHÖLS Engelbert SCHAUFLER
Berichterstatter Vorsitzender
DER BUNDESRAT HAT BESCHLOSSEN:
Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2000 betreffend ein Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds-Gesetz), keinen Einspruch zu erheben.